Pressemitteilung | Deutsche Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V. (DGE)

Schock für Immobilienerben und Betriebsnachfolger / Bundesfinanzhof hält derzeitige Erbschaftsbelastung für verfassungswidrig

(Bonn) - Erben von Immobilien, Betriebsvermögen sowie land- und forstwirtschaftlichem Vermögen müssen in Zukunft wohl mit deutlich höheren Erbschaftssteuerbescheiden rechnen. Der Bundesfinanzhof hält die derzeitige Rechtslage für verfassungswidrig und hat deswegen soeben das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angerufen. Sollten die Verfassungsrichter die Bedenken des BFH teilen, könnten in Zukunft wesentliche Vergünstigungen und Bewertungsvorteile bei der Vererbung und Verschenkung von Haus- und Grundbesitz, Betriebsvermögen sowie bei land- und forstwirtschaftlichem Vermögen entfallen.

In dem vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Verfahren - AZ: II R 61/99 - ging es zunächst eigentlich nur um die Frage, ob eine Eigentumswohnung, die die zwischenzeitlich verstorbene Tante einer Erbin zwar noch vor ihrem Tode erworben hatte, ihre Eintragung als Wohnungseigentümerin in das Grundbuch jedoch erst nach ihrem Ableben erfolgte, mit dem tatsächlichen Kaufpreis (Verkehrswert) von 343.000,00 Mark für die Erbschaftsteuer zu bewerten ist oder mit dem nach § 138 Abs. 5 des Bewertungsgesetzes zu ermittelnden „typisierenden" Wert für bebaute Grundstücke, der im Bundesdurchschnitt häufig nur rd. 50 des tatsächlichen Wertes erreicht und im vorliegenden Fall nur 127.000,00 Mark betragen hätte.

„Dieses Verfahren", so Wolfgang Kastner, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V., „hat der BFH jedoch jetzt zum Anlass genommen, grundsätzliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des derzeit geltenden Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes anzumelden, da die derzeit zahlreichen Begünstigungsumstände bei der Vererbung und Verschenkung von Betriebsvermögen, Haus- und Grundbesitz sowie land- und forstwirtschaftlichem Vermögen im Verhältnis zu einer Vererbung von Bar- und Aktienvermögen, das zu 100 Prozent für die Erbschaftsteuer erfasst wird, zu einer „gleichheitswidrigen Besteuerung" führen, die nach Ansicht der BFH-Richter verfassungswidrig ist.

Schließen sich die Verfassungsrichter dieser Meinung an, wovon viele Experten ausgehen, könnte ein Wegfall der derzeitigen Begünstigungsumstände, nach denen z. B. Betriebsvermögen im Erbfall häufig nur mit rd. 58 Prozent des tatsächlichen Wertes erfasst wird zzgl. weiterer Freibeträge, Bewertungsabschläge und zinslose Stundungsmöglichkeiten, bebauter Grundbesitz (Häuser, Eigentumswohnungen, usw.) im Bundesdurchschnitt mit nur rd. 50 Prozent des tatsächlichen Wertes zur Besteuerung herangezogen werden und land- und forstwirtschaftliches Vermögen gar nur mit rd. 10 Prozent, für die Erben derartigen Vermögens zu einer mehr als drastischen Erhöhung der erbschaftsteuerlichen Belastung führen.

Während die Vererbung eines Hauses an ein Kind im Wert von 400.000 EUR bei einem etwa hälftigen Steuerwert aufgrund des Freibetrages des Kindes von 205.000 EUR im Erbschaftsfalle häufig ganz steuerfrei bleibt, müsste dieses bei einer entsprechenden Gesetzeskorrektur in Zukunft mit einer Erbschaftsteuer von 21.450,00 EUR rechnen. Noch schlimmer wären die Auswirkungen für familienfremde Erben, zu denen z. B. auch Lebensgefährten gehören. Wird diesen z. Zt. ein Haus im Verkehrswert von 400.000 EUR vererbt, beträgt die Erbschaftsteuer derzeit rd. 44.800 EUR, nach einer Gesetzeskorrektur bei vollem Ansatz des Verkehrswertes rd. 114.000 EUR, Unterschied fast 70.000 EUR! Auch Betriebsnachfolger müssten in diesem Fall mit dem Schlimmsten rechnen. Wird z. B. derzeit Betriebsvermögen von 5 Mio. EUR vererbt, zahlt der Erbe aufgrund der zahlreichen Vergünstigungen eine Erbschaftsteuer von rd. 171.000 EUR, bei Wegfall dieser Vergünstigungen dagegen rd. 720.000 EUR - in vielen Fällen eine Existenzfrage.

Experten raten daher dringend, die Entwicklung des Verfahrens beim Bundesverfassungsgericht zu beobachten und ggf. noch rechtzeitig vor einem etwaigen Urteilsspruch bisher entsprechend privilegiertes Vermögen auf Erben oder Nachfolger zu übertragen, um einer vermutlich erheblich höheren steuerlichen Belastung zu einem späteren Zeitpunkt zuvorzukommen. Da das Gericht auch bei der letzten Neuordnung des Gesetzes im Jahre 1996 die sogen. „Altfälle" steuerlich so belassen hat, bestehen auch bei einem neuerlichen Urteilsspruch gute Chancen, dass entsprechende vorher vorgenommene Übertragungen unbehelligt bleiben. Ein Zuwarten auf die Entscheidung könnte sich jedoch als Bumerang erweisen, da die Bedenken des Bundesfinanzhofs letztlich nicht von der Hand zu weisen sind.

Rechts- und Steuertips zur derzeitigen Rechtslage enthalten die Ratgeber „Sterben macht Erben" und „Sterben und Steuern", je 8,00 EUR zzgl. je 1,10 EUR Versand, c/o Deutsche Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V., Simrockallee 27, 53173 Bonn.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Gesellschaft für Erbrechtskunde e.V. Simrockallee 27 53173 Bonn Telefon: 0228/935570 Telefax: 0228/9355799

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