Pressemitteilung | Deutsche Forschungsgemeinschaft e.V. (DFG)

Stärkung von Nachwuchsgruppen in den Sonderforschungsbereichen DFG bewilligt acht neue Einrichtungen

(Bonn) - Vier der acht Sonderforschungsbereiche, die die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ab Juli 2004 neu einrichten wird, befassen sich mit medizinischen Fragestellungen. Neben der Untersuchung einer verbreiteten Herzkrankheit stehen das bessere Verständnis des Immunsystems sowie molekulare Grundlagen der Krebsentstehung im Mittelpunkt. Ein geisteswissenschaftlicher Sonderforschungsbereich wird den Zusammenhang zwischen Bildern, Symbolen und Verhaltensweisen und sozialen Umbrüchen untersuchen, drei naturwissenschaftliche Sonderforschungsbereiche beschäftigen sich mit Atmosphärenforschung, exotischen Materiezuständen und kernphysikalischen Fragen. Die DFG fördert nach den Beschlüssen des zuständigen Bewilligungsausschusses vom 24. und 25. Mai 2004 in diesem Jahr an 61 Hochschulen insgesamt 272 Sonderforschungsbereiche, darunter 19 Transregios, sowie 14 Transferbereiche mit insgesamt rund 363 Millionen Euro.

Mit dem Transferbereich 50 "Applikation der Maschinensysteme und Umsetzung der Prozesskette Bohrungsdrücken/Querwalzen" an der Technischen Universität Chemnitz fördert die DFG die Überführung der Ergebnisse aus dem vorhergegangenen Sonderforschungsbereich "Prozessketten der Massivumformung unter Aspekten der Produktivität und Umweltverträglichkeit" in die Praxis. In dieser Fortsetzung schlägt sich die Entscheidung des Ausschusses nieder, nach der erfolgreichen Beendigung der Pilotphase die Förderung von Transferbereichen als festen Bestandteil in das Förderprogramm Sonderforschungsbereiche aufzunehmen. Die Förderung von Transferbereichen soll auch weiterhin und in stärkerem Maße dazu beitragen, Industrieunternehmen jeglicher Größe durch anwendungsbezogene Kooperationen in die Grundlagenforschung eines Sonderforschungsbereichs einzubinden.

Zusätzlich beschloss der Ausschuss Maßnahmen, die das Programm Nachwuchsgruppen in Sonderforschungsbereichen attraktiver machen sollen: Neben einer signifikanten Verkürzung des Auswahlverfahrens wird die strikte Altersgrenze von 35 Jahren abgeschafft, da sie den verschiedenen Fachkulturen und Qualifikationswegen nicht immer gerecht wird. Erwartet werden zügig abgeschlossenes Studium und Promotion sowie eine angemessene Postdoktoranden-Phase beziehungsweise eine entsprechende Berufspraxis, in der wissenschaftliche Selbstständigkeit erlangt wurde. Des Weiteren soll für die Nachwuchsgruppenleiterinnen und -leiter eine längerfristige Perspektive geschaffen werden. Im Hinblick auf den strukturbildenden Charakter des Förderprogramms wird von der antragstellenden Hochschule daher ein deutliches Bekenntnis zur Nachwuchsgruppe erwartet. Ferner wird jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die im Rahmen des Emmy Noether-Programms eine Nachwuchsgruppe leiten, die Möglichkeit gegeben, sich mit ihrer Nachwuchsgruppe in einen Sonderforschungsbereich zu integrieren.

Im Zusammenhang mit dem SFB/Transregio-Programm hat der Ausschuss die Verlängerung der Pilotphase um fünf Jahre beschlossen, um weitere Erfahrungen mit dem 1999 eingeführten Förderinstrument zu sammeln. Ein SFB/Transregio soll als ortsübergreifende Variante der klassischen Sonderforschungsbereiche an mindestens zwei und höchstens drei Hochschulstandorten angesiedelt sein und an jedem der Standorte nachhaltig strukturbildend wirken. Hinsichtlich außeruniversitärer Beteiligungen beziehungsweise der Einbringung von Grundausstattung durch die Hochschulen gelten die herkömmlichen Richtlinien für Sonderforschungsbereiche.

Die neuen Sonderforschungsbereiche im Einzelnen:

Geisteswissenschaften

Der Sonderforschungsbereich "Repräsentationen sozialer Ordnungen im Wandel. Interkulturelle und intertemporäre Vergleiche" betrachtet die Bedeutung und Entwicklung von Bildern, Symbolen und Verhaltensweisen als Zeichen gesellschaftlicher Wirklichkeit. Wissenschaftler der Humboldt-Universität und des Zentrums Moderner Orient in Berlin sowie der Universität Hamburg untersuchen Brüche in den Repräsentationen sozialer Ordnung und vergleichen sie international.

Biologie und Medizin

Wenn die so genannten Ras-Moleküle in Zellen nicht richtig funktionieren, kann Krebs entstehen. Im Sonderforschungsbereich/Transregio "Ras-dependent pathways in human cancer" beschäftigen sich Wissenschaftler an den Universitäten Marburg und Würzburg mit dem Zusammenhang zellulärer Signalübertragung durch Ras-Proteine und Krebsentstehung. Die beiden an dem Transregio beteiligten Universitäten versprechen sich dabei Erfolge durch die Komplementarität ihrer Forschung.

Der Sonderforschungsbereich "GTP- und ATP-abhängige Membranprozesse" möchte dazu beitragen, die bestehende Wissenslücke bei membranassozierten Prozessen zu schließen und konzentriert sich dabei auf die Untersuchung GTP- und ATP-abhängiger Prozesse. Diese Prozesse spielen eine essenzielle Rolle bei der Übertragung von externen Signalen in die Zelle und bei Transportvorgängen an der Zellmembran. Somit regulieren sie wichtige biologische Vorgänge wie zum Beispiel die Zellteilung. Adenosintriphosphat (ATP, und Guanosintriphosphat (GTP) sind wichtige energiereiche Verbindungen im Zellstoffwechsel und speichern chemische Energie.

An Dilatativer Kardiomyopathie leiden in Deutschland etwa 500 000 Patienten, und sie ist die Hauptindikation für eine Herztransplantation. Ausgehend von der Erkenntnis, dass diese Krankheit oft mit einer bestimmten Virusinfektion einhergeht, soll der Sonderforschungsbereich/Transregio "Inflammatorische Kardiomyopathie - Molekulare Pathogenese und Therapie" den Bogen von der Grundlagenforschung zu möglichen Therapien schlagen. Dazu arbeiten Kliniker und Grundlagenforscher der Universitätsmedizin Berlin und der Universitäten Tübingen und Greifswald zusammen.

Der Sonderforschungsbereich "Strategien der zellulären Immunintervention" befasst sich vornehmlich mit der immunologischen Rolle der Dendritischen Zellen, die starke Stimulatoren von Immunabwehrreaktionen sind. Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg richten dabei ein besonderes Augenmerk auf die Umsetzung jüngster Erkenntnisse auf dem Gebiet der Immunologie in Therapien gegen Phänomene wie Krebs und Autoimmunkrankheiten.

Naturwissenschaften

Die Forschungsobjekte des Sonderforschungsbereichs "Die troposphärische Eisphase - TROPEIS" sind allseits bekannt, denn zur troposphärischen Eisphase gehören beispielsweise Schneeflocken und Hagelkörner. Doch wie Eisteilchen in der Atmosphäre entstehen, welche Eigenschaften sie im Einzelnen haben und wie sie verteilt sind, ist weitgehend unbekannt. Meteorologen, Physiker und Chemiker an den Universitäten Frankfurt, Mainz und Darmstadt sowie dem Max-Planck-Institut für Luftchemie in Mainz untersuchen deshalb die Entstehung und Charakteristika der Eisteilchen sowie deren Wirkung in dynamischen und chemischen Prozessen und auf den Strahlungstransport in der Atmosphäre.

Mit "Hadronen" werden Teilchen bezeichnet, die der so genannte Starken Wechselwirkung unterliegen. Dazu gehören auch die Grundbausteine der Atomkerne in der uns umgebenden Materie, die Protonen und Neutronen. Zur Überprüfung der dabei zugrunde liegenden Theorie, der Quantenchromodynamik, sind große Beschleuniger notwendig, mit denen zum Beispiel Elektronen auf Atomkerne geschossen werden. Der Elektronenstrahl übernimmt dabei die Funktion des Lichtstrahls bei einem gewöhnlichen Mikroskop. Ein wichtiger Beschleuniger, die Elektronen-Stretcher-Anlage (ELSA), steht am Physikalischen Institut der Universität Bonn und bildet das experimentelle Zentrum des neuen Sonderforschungsbereichs/Transregios "Elektromagnetische Anregung subnuklearer Systeme". Physiker der Universitäten Bochum, Bonn und Gießen arbeiten hier zusammen, um mit einer Reihe von Detektoren, wie beispielsweise dem einzigartigen "Crystal Barrel", die innere Struktur der Protonen und Neutronen zu erforschen. Dabei werden auch immer wieder neue Teilchen entdeckt, die zuvor häufig von Theoretikern vorhergesagt wurden. So konnten am ELSA vor kurzem - als an einem der ersten Labore weltweit - die so genannten Pentaquarks, also bisher unbekannte, aus fünf Quarks bestehende exotische Teilchen, nachgewiesen werden, was international großes Aufsehen hervorrief.

Die Pulse neuer Laser dauern nur noch einige Attosekunden, den Trillionsten Teil einer Sekunde, und bringen dabei eine Leistung von einigen Petawatt, also Billiarden Watt. Damit erzeugen sie Energiedichten, die höher sind als im Inneren der Sonne. Die Forscher in dem Sonderforschungsbereich/Transregio "Relativistische Laser-Plasma-Dynamik" möchten sich diese Eigenschaften zunutze machen, um exotische Materiezustände zu untersuchen. Zusätzlich wollen sie die Entwicklung einer "bubble accelerator" genannten Beschleunigertechnologie vorantreiben. Die Universitäten Düsseldorf und Jena sowie die Ludwig-Maximilians-Universität München genießen schon jetzt einen führenden Ruf in der Plasma- und Laserphysik. Der Sonderforschungsbereich soll davon profitieren.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Kennedyallee 40, 53175 Bonn Telefon: 0228/885-1, Telefax: 0228/885-2777

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