Pressemitteilung | Verband der Automobilindustrie e.V. (VDA)

VDA-Präsident: Unternehmensstrategische Bedeutung des Nutzfahrzeuggeschäfts mit neuer Priorität

(Frankfurt) - Die internationale Nutzfahrzeugwelt ist in Bewegung geraten wie selten zuvor. Das früher oftmals nur eingeweihten Truckern zugängliche Geschäft von Transportern, Sattelzugmaschinen oder Baustellenfahrzeugen sei heute vollends aus dem unverdienten Schattendasein heraus in den zentralen Fokus unternehmensstrategischer Neuordnung gelangt. Das Nutzfahrzeuggeschäft werde heute als eigenständiger Unternehmensbereich bedeutsamer Dimension und mit internationaler Präsenz endlich mit der Aufmerksamkeit betrachtet, die es auch verdiene, sagte der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie e.V. (VDA), Prof. Dr. Bernd Gottschalk, am 5. Juli 2000 vor internationalen Fachjournalisten in Frankfurt. Anlass war ein Workshop im Vorfeld der 58. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) Nutzfahrzeuge, die vom 23. bis 30. September 2000 in Frankfurt stattfinden wird.

Das Nutzfahrzeug sei mit einem Anteil von 70 Prozent an den Güterverkehrsleistungen weiterhin die Nummer 1 im Gütertransport in Deutschland. Im öffentlichen Personenverkehr entfielen 40 Prozent auf den Omnibus. Wirtschaftlichkeit, Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, grenzüberschreitende Flächendeckung und umweltentlastende Fortschritte sollten die entscheidenden Kriterien für den Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern sein. Eine Umlenkung der Verkehrsströme von der Straße auf die Bahn über reine Verteuerungseffekte sei der falsche Weg! "Im Klartext: Verlagerungen von der Straße auf die Schiene können stattfinden, wenn die Bahn besser wird - nicht, wenn die Straße künstlich verteuert wird!" sagte Gottschalk.

Die Zukunftsfähigkeit des Konzepts "Nutzfahrzeug" stehe außer Frage. So wie die Industrie die Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge, ihre Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit ständig verbessere, erhöhten sich ihre Chancen im globalen Wettbewerb zu bestehen und an der wachsenden Transportnachfrage im 21. Jahrhundert angemessen zu partizipieren.

In den ersten fünf Monaten dieses Jahres habe sich das Nutzfahrzeug-Geschäft weiterhin auf einem erfreulichen "Hochplateau" bewegt. In Westeuropa sei der Markt vom Transporter bis zum Schwer-Lkw um 8 Prozent auf über 1 Millionen Nutzfahrzeuge angestiegen. Hier sei im Jahre 2000 mit einem Absatz von 2,2 bis 2,3 Millionen Einheiten zu rechnen. In Deutschland sei vom Januar bis Mai der Nutzfahrzeug-Markt um gut 1 Prozent gestiegen. Im ganzen Jahr werde ein Gesamtmarkt inkl. Busse von 320.000 Nutzfahrzeugen erwartet. Dies entspreche zwar einem leichten Rückgang um 1-2 Prozent, sei aber nach wie vor ein äußerst hohes Zulassungsniveau. Der aktuelle Auftragseingang deute auf eine sich wieder belebende Zulassungsentwicklung hin; der Ordereingang bis einschließlich Mai aus dem Inland mit +9 Prozent und aus dem Ausland mit +22 Prozent sei vielversprechend.

Auf den Märkten in Übersee treffe man auf eine unausgeglichene Lage: So bleibe der japanische Nutzfahrzeugmarkt auch in den ersten Monaten dieses Jahres verhalten, dagegen zeigten sich in Lateinamerika nach Überwindung der Krise nun erste Konsolidierungserfolge. In den USA machten sich derzeit dagegen bereits deutliche Zeichen der Abkühlung bemerkbar.

"1999 war ‚ein Jahr des Nutzfahrzeugs", so der VDA-Präsident. Wesentliche Stütze sei der Inlandsabsatz mit 325.000 Einheiten (+9,5 Prozent). Die Exportquote lag 1999 bei 63 Prozent. Die Nutzfahrzeugausfuhr betrug damit im vergangenen Jahr 238.000 Einheiten, 90 Prozent davon gingen in die europäischen Nachbarstaaten. Bemerkenswert sei in den letzen Jahren die Entwicklung der Nutzfahrzeugausfuhr nach Osteuropa. In diesen seit dem politischen Umbruch sich mehr und mehr in die Weltwirtschaft integrierenden Ländern habe der Bedarf an modernen Straßenfahrzeugen erheblich zugenommen. Hier ergäben sich Chancen für westeuropäische Anbieter, von denen auch die deutschen Hersteller profitierten. Gottschalk: "Je europäischer Europa wird - einschließlich Osterweiterung - desto mehr wird es ein Europa des Nutzfahrzeugs!"

Die Nachfrage an den westeuropäischen Nutzfahrzeugmärkten beruhige sich zwar, insgesamt sei für das laufende Jahr jedoch noch ein Anstieg der Neuzulassungen auf den westeuropäischen Märkten um 4 Prozent zu erwarten. Damit dürfte die deutsche Nutzfahrzeugausfuhr im Jahr 2000 ebenfalls um etwa 4 Prozent ansteigen können, eine nochmalige Verbesserung gegenüber dem Vorjahr.

Die Märkte außerhalb Europas würden nach wie vor von den deutschen Herstellern überwiegend von ihren ausländischen Fertigungsstätten bedient. Dort wurden im vergangenen Jahr von deutschen Herstellern 512.000 Nutzfahrzeuge produziert, das sind mehr als doppelt so viele wie Anfang der 90er Jahre und fast 58 Prozent der weltweiten Nutzfahrzeugproduktion der deutschen Hersteller. Der Internationalisierungsgrad der deutschen Nutzfahrzeugindustrie übertrifft somit deutlich den des Pkw-Sektors.


Die Zahl der Beschäftigten in der Nutzfahrzeugindustrie erreichte im April dieses Jahres 195.000 Menschen. Damit finden heute über ein Viertel aller Beschäftigten in der deutschen Automobilindustrie ihren Arbeitsplatz im Nutzfahrzeugsektor. Die indirekt vom Vertrieb, der Wartung und der Nutzung des Lkw und des Busses abhängigen Beschäftigte hinzugerechnet, schafft das Nutzfahrzeug Arbeitsplätze für insgesamt 2,5 Millionen Menschen in Deutschland.

Die Ertragssituation habe sich zwar in den vergangenen Jahren im Nutzfahrzeugsektor zum Teil deutlich verbessert. Ob sich dieser Trend aber fortsetze, hänge weitgehend davon ab, ob die allgemeinen Rahmenbedingungen, wie Ökosteuer, Benzinpreise, geplante Verteuerungen, Ökopunkte-Regelungen etc. zu einer staatlich induzierten Verunsicherung des Gewerbes führen oder nicht.

Einen deutlichen Vorsprung hätten die europäischen Hersteller und die deutschen im Umweltschutz, sagte Gottschalk. Mit der Erfüllung der Stufen 4 bzw. 5, die 2005 für leichte und 2005/2008 für schwere Nutzfahrzeuge obligatorisch sein werden, würden bei den Emissionen von CO, HC, NOx und von Partikeln erhebliche Verbesserungen erreicht. Parallel dazu würden weitere Fortschritte bei der Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs und damit der CO2-Emissionen erzielt werden. Ein weiteres Mal erweise sich Europa gegenüber USA und Asien als Trendsetter in Umweltfragen!

Quelle und Kontaktadresse:
VDA

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