Verbände-Kongress: Großes Beschäftigungspotenzial industrienaher Dienstleistungen Industrie und Dienstleistungen sind zwei Seiten derselben Medaille
(Berlin) - Insbesondere wegen der positiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt muss die Entwicklung der industrienahen Dienstleistungen vorangetrieben werden, erklärte Hans Olaf Henkel, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), auf dem Kongress Wirtschaftspolitik für die industrienahen Dienstleistungen", einer gemeinsame Veranstaltung von BDI, dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), dem Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) am Mittwoch in Berlin.
Das Beschäftigungspotenzial dieses Sektors könne entscheidend dazu beitragen, dass sich die Situation auf dem deutschen Arbeitsmarkt nachhaltig verbessert. Schätzungsweise 98 Prozent der industrienahen Dienstleistungsunternehmen seien mittelständisch geprägt. Über die Hälfte dieser Unternehmen wurden zwischen 1990 und 1998 neu gegründet. Der BDI-Präsident machte deutlich, dass innovative Dienstleistungen die Produktivität und die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und so den Modernitätsgrad einer Volkswirtschaft bestimmen.
Die industrienahen Dienstleistungen zeichneten sich durch die höchste Wachstums- und Beschäftigungsdynamik aus, erläuterte IW-Direktor Prof. Gerhard Fels. Das quantitative Gewicht an der Bruttowertschöpfung nehme von Jahr zu Jahr zu. Fels begründete den Strukturwandel mit technischem Fortschritt, handelspolitischen Reformen und steigender Nachfrage nach Dienstleistungen aus der Industrie, z.B. durch mehr Service-Orientierung und Outsourcing. Die Industrie bleibe in Deutschland wichtigster Anknüpfungspunkt für Anbieter unterschiedlichster Serviceleistungen, denn im internationalen Vergleich sei die industrielle Basis immer noch sehr breit. Industrie und Dienstleistungen müssten als zwei Seiten derselben Medaille betrachtet werden.
Mit industrienahen Dienstleistungen setzten sich vor allem neue, effiziente und flexible Organisationsformen durch, neue Wertschöpfungsprozesse im Umfeld der Industrie entstünden oder bestehende Teilprozesse würden in eigenständige Dienstleistungsunternehmen überführt, so ZVEI-Präsident Dietmar Harting. Die scharfe Trennung zwischen sekundärem und tertiärem Sektor sei heute in der unternehmerischen Praxis nicht mehr möglich. Die neue Wertschöpfungsweise führe gewissermaßen zu einer Entmaterialisierung der Produktion. Wissen als Produktionsfaktor sei dabei von zentraler Bedeutung. Die Wissensgesellschaft stelle unentwegt neue Anforderungen an jeden Einzelnen. Das Leitbild des Life-long-learning müsse zum Herzstück der Forschungs- und Technologiepolitik werden.
Für die meisten industriellen Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus seien produktbegleitende Dienstleistungen nichts Neues, sondern entsprächen dem tradierten Verständnis von Kundendienst, erläuterte VDMA-Präsident Eberhard Reuther. Allerdings führten die zunehmende Komplexität der Maschinen und Anlagen sowie das Streben der Kunden, ihre Fertigungstiefe zu reduzieren, dazu, dass immer mehr Maschinenhersteller auch für den laufenden Betrieb beim Kunden verantwortlich gemacht werden. Deswegen müssten sie auch verstärkt ihren Kunden in den globalen Markt folgen, beispielsweise mit Servicezentren vor Ort. Solche Entwicklungen stützten aber keineswegs die These vom Ende der Industriegesellschaft. Die Unternehmen seiner Branche erzielten bereits rund 15 Prozent ihres Umsatzes mit Dienstleistungen. Doch die klassische Produktion von Gütern sei die notwendige Basis für die Entwicklung der Dienstleistungen am Standort Deutschland. Nur so könnten tragfähige Beschäftigungs-und Wertschöpfungspotenziale entstehen.
Wirtschaftspolitik für Industrie und Dienstleistungen seien keine Gegensätze, so der BDI-Chef, auch wenn sich aus unterschiedlichen Ausgangsbedingungen unterschiedliche Hürden und Hemmnisse für die Entwicklung ergeben. So müssten internationale Hemmnisse für den Export von Dienstleistungen abgebaut werden. Der Staat müsse bei den modernen Informations- und Kommunikationstechniken die Entwicklung weiterhin massiv fördern und verstärkt als Leitanwender auftreten. Mobilität und intakte Verkehrssysteme seien das Rückgrad einer modernen, wettbewerbsfähigen Ökonomie. Die Politik müsse Mobilität ermöglichen und nicht über mehr Abgaben und weniger Infrastruktur behindern. Wir brauchen eine gemeinsame Push-Strategie von Politik und Unternehmen, um Märkte für neue Dienstleistungen zu erschließen, schlug Henkel vor.
Zukunftsorientierte industrielle Interessenvertretung müsse neben der industriellen Gütererzeugung auch den Bereich der industrienahen Dienstleistungen abdecken, so der BDI-Präsident. Wenn die Industrieverbände sich in Richtung der industrienahen Dienstleistungen öffneten, könnten sie in Zukunft einen wachsenden Teil der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung repräsentieren. Das könne auch ihr Gewicht in der politischen Argumentation noch erhöhen.
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