Pressemitteilung | Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA)

"Verweigerungshaltung der EU verhindert den grünen Energieimport der Zukunft"

(Brüssel) - Schifffahrt und Luftverkehr sind für den Warenaustausch und die Mobilität weltweit unverzichtbar. Umso wichtiger ist es, dass beide ihren Beitrag zum Erreichen der vereinbarten Klimaziele leisten können, insbesondere durch den Einsatz CO2-neutraler Kraftstoffe. Die EU-Regulierung setzt zwar hohe Ambitionen für Quoten, aber die Produktion in Europa ist wirtschaftlich kaum möglich - und gleichzeitig steht dem Import aus Staaten außerhalb Europas geltendes EU-Recht im Weg. "Damit kommen heute außerhalb der EU keine Investitionen für den europäischen Markt in Gang, da alle Investoren auf Rechtssicherheit warten. Mit ihrer aktuellen Verweigerungshaltung sorgt die EU dafür, dass auf absehbare Zeit keine 'grünen Moleküle' nach Europa geliefert werden", sagt Peter Müller-Baum, Geschäftsführer der VDMA Plattform Power-to-X for Applications.

In einer Informationsveranstaltung in Brüssel betonte der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann die herausragende Bedeutung grüner Wasserstoffderivate aus dem außereuropäischen Ausland. Ohne sie seien die ambitionierten Klimaziele der Europäischen Union nicht erreichbar, sagte Hermann. "Bis strombasierte Kraftstoffe in industriellen Mengen hergestellt werden können, dauert es sicher noch einige Jahre. Aber jetzt müssen die Weichen auf europäischer Ebene richtig gestellt werden, damit die notwendigen Investitionen getätigt werden. Mit unserer Roadmap reFuels für Baden-Württemberg sind wir Vorreiter in Europa. Aber alleine können wir das natürlich nicht lösen. Europa muss hier pragmatische Rahmenbedingungen setzen, damit auch hier klimaneutrale Kraftstoffe hergestellt werden können. Ohne diese wird es nicht gelingen, die Klimaschutzziele zu erreichen", betonte der Minister.

Erste Anlagen zur Herstellung strombasierter synthetischer Kraftstoffe entstehen bereits, etwa in Chile und den USA. Der Sprung vom Forschungsmaßstab in den industriellen Maßstab steht bevor. Investitionen in größere Produktionsanlagen sind in vielen Regionen Europas aber kaum wirtschaftlich. Ein Großteil der synthetischen Kraftstoffe wird aus Ländern mit geeigneten Bedingungen für die kostengünstige Produktion von grünem Wasserstoff und seiner Folgeprodukte (etwa Methanol) importiert werden müssen.

Diesem Import steht aktuell allerdings EU-Recht im Weg: Die im Ausland produzierten Kraftstoffe werden in der EU vermutlich meist nicht als "grün" anerkannt, obwohl sich die Produktionsanlagen technisch nicht von denen in der EU unterscheiden. Bernd Kuepker von der Generaldirektion Energie der Europäische Kommission betonte das zentrale Ziel der EU, mit ReFuel EU Aviation und FuelEU die maritime Luft- und Schifffahrt schnell klimafreundlicher zu machen. Er machte jedoch wenig Hoffnung auf eine pragmatische Änderung, die von anderen Teilnehmern eingefordert wurde. "Wir glauben, hier die richtigen Abwägungen getroffen zu haben", sagte Kuepker. Aus Sicht der Kommission müsse bei der Nutzung industriellen Kohlenstoffs für den Import von eFuels aus Nicht-EU-Ländern ein effektiver CO2-Preis dafür sorgen, dass derlei Importe nicht den Zielpfad der EU in Richtung Klimaneutralität gefährden. Ein Review der bestehenden Rechtsakte stellte er für spätestens 2028 in Aussicht, während gewisse Interpretationen auch im Rahmen der aktuellen Gespräche mit Zertifizierungsstellen gegeben werden können.

Thorsten Herdan von HIF - das Unternehmen produziert bereits eFuels in der Haru Oni Demonstrationsanlage in Chile - forderte, die bestehenden Hürden in der EU-Regulierung schnell und gezielt abzubauen. "Wir als Produzenten der erneuerbaren Kraftstoffe brauchen ebenso wie unsere Kunden langfristige Planungssicherheit" erklärte Herdan. "Wir produzieren schon heute und Europa muss sich entscheiden, ob es unsere erneuerbaren Kraftstoffe haben wollen. Andere Länder stehen schon bereit", so Herdan weiter. Dem schloss sich auch Matthias Ziebell von der Robert Bosch GmbH an. Sein Unternehmen investiert massiv in Wasserstoff-Technologien. "In vielen Ländern vor allem außerhalb der EU gibt es einen Überfluss an Wind und Sonne. Grüner Wasserstoff und auch Folgeprodukte können dort günstig erzeugt werden. Zudem bietet dies dem Anlagenbau gute Exportchancen für seine Produkte und kann damit Beschäftigung sichern. Aber solange sich eine EU-Regulierung entsprechenden Investoren gegenüber verschließt und nachhaltige Energie aus Nicht-EU-Ländern nicht oder nur sehr umständlich handeln möchte, fehlt es deutschen Unternehmen im internationalen Wettbewerb an Rückenwind", erläuterte Ziebell. Diese Kraftstoffe werden entsprechend in andere Märkte wandern.

Dr. Carola Kantz, stellvertretende Geschäftsführerin der VDMA Plattform Power-to-X for Applications, thematisierte insbesondere die technisch-regulatorischen Voraussetzungen. "Für den Import kohlenstoffhaltiger Kraftstoffe wie Methanol wird CO2 benötigt. Der Import in die EU ist aktuell faktisch unmöglich", erklärte sie. Die Ursache: Das benötigte CO2 müsste, so Dr. Kantz, aus Bioquellen stammen, diese sind aber mengenmäßig limitiert. Alternativ könnte es per Direct Air Capture direkt aus der Luft entnommen werden, eine Technik, die industriell noch nicht nutzbar ist. Es bliebe nur der Einsatz von CO2 aus der Industrie. Das wäre aber nur dann möglich, wenn das Herkunftsland über ein effektives Preissystem für CO2 im Sinne der EU verfügt - eine Voraussetzung, die von der langen Liste der Länder, die Sonne oder Wind massenhaft nutzen können, kaum eines erfüllt. "So laufen wir Gefahr, dass nicht nur die Maritime Energiewende auf Grund läuft, sondern auch die Energiewende im Luftverkehr", resümierte die VDMA-Expertin.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) Holger Paul, Leiter Kommunikation Lyoner Str. 18, 60528 Frankfurt am Main Telefon: (069) 66030, Fax: (069) 66031511

(mw)

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