Zeitungskongress 1999: Verleger warnen Politik vor Medieninszenierung / Kritik an 630-Mark-Gesetz / Keine Datenschützer für die Redaktionen!
(Berlin) - Die deutschen Zeitungsverleger haben die Politik davor gewarnt, bei der Information der Öffentlichkeit zu sehr auf die elektronischen Medien zu setzen. Politik werde leicht zur Inszenierung, wenn sie sich "sklavisch an den magischen Sendezeiten" orientiere, sagte der Vizepräsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), Helmut Heinen, heute in Berlin bei der Eröffnung des Zeitungskongresses '99.
"Oft hat man den Eindruck, die Politik hat sich den Mikrophonen und Kameras ausgeliefert", sagte Heinen. Die Presse erwarte von den politisch Verantwortlichen mehr Respekt vor dem gedruckten Wort und den Produktionsbedingungen der Presse. In einer "Mediendemokratie" dürfe es keine Privilegien und Hierarchien der Medien geben. Gesetzesvorhaben wie die Steuerreform oder die Rentenreform könnten unmöglich in wenigen Fernsehminuten erklärt werden. Je komplizierter und komplexer die tägliche Politik sei, desto notwendiger sei die differenzierte und einordnende Darstellung der Politik durch die Presse.
In Gegenwart von Bundeskanzler Gerhard Schröder erneuerten die Zeitungsverleger ihre Kritik am Gesetz gegen die "Scheinselbstständigkeit" und an der Neuregelung der 630-Mark-Jobs. Mit solchen Gesetzen werde nicht das gesellschaftliche Klima geschaffen, das für eine Politik der Erneuerung und der Reformen notwendig sei. Beide Gesetze hätten zu einer Vernichtung von Arbeitsplätzen geführt. Rund 20.000 Zeitungszusteller hätten in Folge des 630-Mark-Gesetzes gekündigt.
Im Zusammenhang mit der geplanten Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes forderte der BDZV die Bundesregierung auf, die besonderen Belange der Presse zu berücksichtigen. Die Zeitungsverlage würden es nicht hinnehmen, wenn - dem vorliegenden Gesetzentwurf entsprechend - künftig in jedem Verlag ein Datenschutzbeauftragter auch die Arbeit der Redaktionen kontrolliere. Die Presse lasse sich keine Zwangsjacke verpassen, so Heinen. Das Gesetzesvorhaben stehe auch im Widerspruch zur grundsätzlichen Bereitschaft der Bundesregierung, das Zeugnisverweigungsrecht der Journalisten auf selbstrecherchiertes Material zu erweitern. Anerkennende Worte fanden die Zeitungsverleger für die Haltung der Bundesregierung beim Tabakwerbeverbot. Die Presse danke Kanzler Schröder, dass er an der Klage gegen die EU-Richtlinie für ein Tabakwerbeverbot vor dem Europäischen Gerichtshof festhalte und sich klar zum Prinzip der Werbefreiheit bekenne.
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BDZV