Zeitungsverleger: Politik darf sich nicht den elektronischen Medien unterwerfen / Journalistenpreis der deutschen Zeitungen
(Düsseldorf) - Vor einer Verflachung der politischen Information und Kommunikation durch das Fernsehen haben die deutschen Zeitungsverleger gewarnt. Die Politik tue sich keinen Gefallen, wenn sie sich den Zwängen der elektronischen Medien unterwerfe und sich nur noch an den sogenannten "besten Sendezeiten" orientiere, erklärte der Ehrenpräsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und Vorsitzende des Kuratoriums Theodor-Wolff-Preis, Rolf Terheyden, am 27. September in Düsseldorf bei der Verleihung des renommierten Journalistenpreises der deutschen Zeitungen. Die Komplexität politischer Prozesse erschließe sich am besten durch das gedruckte Wort. Es sei nicht hinnehmbar, dass in der Arbeitswirklichkeit - beispielsweise am Regierungssitz Berlin - die Zeitungsjournalisten immer stärker hinter das Fernsehen zurücktreten müssten.
Terheyden hob hervor, dass die großen Affären und Skandale, die die deutsche Politik erschüttert haben, von der Presse aufgedeckt wurden. "Mit dem Öffentlichmachen von Gesetzesverstößen und von Missbrauch politischer und gesellschaftlicher Macht haben die Zeitungen einen wirkungsvollen Beitrag zur politischen Hygiene in unserem Land geleistet", so Terheyden. Den Tageszeitungen bescheinigte der frühere Präsident des BDZV den Aufbruch zu einer neuen Qualität. Gerade in den Ressorts Wirtschaft, Wissenschaft und
Technik hätten viele Zeitungen einen Qualitätssprung gemacht.
Die Rolle der Medien als Mittler und Wächter, ihre Verdienste aber auch ihre Verfehlungen standen im Mittelpunkt einer Podiumsrunde unter dem Titel "Im öffentlichen Interesse?". Am Podium: Franziska Augstein, Preisträgerin und Redakteurin der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"; Fred Kogel, Programmgeschäftsführer SAT.1; Ulrich Reitz, Chefredakteur der "Rheinischen Post" in Düsseldorf; Udo Röbel, Chefredakteur der "Bild", und Guido Westerwelle, Generalsekretär der FDP. Moderiert wurde die Runde von Professor Dr. Bernd Sösemann, Historiker und Kommunikationswissenschaftler, Freie Universität Berlin.
Acht Journalisten wurden mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. Der mit 11.000 Mark dotierte Preis in der Kategorie "Essayistischer Journalismus" ging an Franziska Augstein für ihren Beitrag "Kauere dich, dass du nicht treffbar bist" ("Frankfurter Allgemeine Zeitung"). Augstein analysiert sprachlich brillant das politische Selbstverständnis des Schriftstellers Martin Walser.
Die mit je 9.000 Mark dotierten Preise in der Sparte "Allgemeines" gingen an: Evelyn Roll für ihre Reportage "Ganz neue Größen" ("Süddeutsche Zeitung", München), in der sie die Erfahrungen eines Bundestagsabgeordneten nach dem Berlin-Umzug schildert; Ullrich Fichtner für seinen Artikel "Die verlorene Ehre des Friedrich B.", der veranschaulicht, wie ein Beamter aus den alten Bundesländern in Brandenburg in eine Sackgasse getrieben wird ("Frankfurter
Rundschau"); sowie Jutta Voigt für ihren Artikel "Großes, fettes Puddingland" ("Die Woche", Hamburg), eine Darstellung des "doppelten Deutschlands" zehn Jahre nach der Wende.
Hans Kratzer, Andreas Dörr und Mario Vigl erhalten den Journalistenpreis der deutschen Zeitungen - Theodor-Wolff-Preis in der Kategorie "Lokales". Kratzer wurde preisgekrönt für seinen Essay "Europa und Erding" ("Erdinger Neueste Nachrichten") über die Auswirkungen des Globalisierungsprozesses auf die bayerische Identität. Dörr schildert unter dem Titel "Es geht halt oifach nemme so" ("Reutlinger General-Anzeiger") die Geschichte zweier hochbetagter Schwestern, die einen Gasthof in Degerschlacht bei Reutlingen bewirtschaften. In seiner Reportage "Das Loch im Weinberg" ("Badische Zeitung", Freiburg) beschreibt Vigl den Interessenkonflikt einer badischen Winzergemeinde, die sich zwischen Weinanbau und Schotterabbau entscheiden soll.
Der langjährige Chefredakteur der "Frankfurter Rundschau", Roderich Reifenrath, wurde mit einem Sonderpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Als Redaktionsleiter habe Reifenrath - ganz im Sinn von Theodor Wolff - seiner Zeitung als liberaler Stimme auf nationaler und internationaler Bühne Gehör verschafft, urteilte die Jury.
Der Journalistenpreis der deutschen Zeitungen, Theodor-Wolff-Preis, ist nach dem ehemaligen Chefredakteur des "Berliner Tageblatts" benannt und wird jährlich vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger verliehen. An der Ausschreibung des Journalistenpreises hatten sich 397 Journalisten mit 632 Artikeln beteiligt - mehr als je zuvor seit der Gründung des Preises im Jahr
1961.
Der unabhängigen Jury zum Journalistenpreis der deutschen Zeitungen - Theodor-Wolff-Preis gehören an: Gernot Facius ("Die Welt", Berlin), Helmut Herles ("General-Anzeiger", Bonn), Herbert Kolbe ("Emder Zeitung"), Ralf Lehmann ("Westdeutsche Allgemeine Zeitung", Essen), Herbert Riehl-Heyse ("Süddeutsche Zeitung", München), Klaus Rost ("Märkische Allgemeine", Potsdam), Jost Springensguth ("Kölnische/ Bonner Rundschau"), Uwe Vorkötter
("Stuttgarter Zeitung"), Monika Zimmermann ("Mitteldeutsche Zeitung", Halle).
Die Rede von Rolf Terheyden ist im Internet abrufbar unter http://www.bdzv.de.
Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. (BDZV)
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