Pressemitteilung | Transparency International Deutschland e.V.

Zu vage, zu wenig: Wahlprogramm-Check von Transparency Deutschland

(Berlin) - Der Youtuber Rezo hat das Thema Korruption in den Fokus der Debatte zur Bundestagswahl 2021 gerückt. Transparency Deutschland hat die Wahlprogramme der Parteien mit Blick auf 21 Forderungen zur Korruptionsbekämpfung ausgewertet, die die Antikorruptionsorganisation im Rahmen der Kampagne "Mehr Transparenz wagen!" an die deutsche Politik gerichtet hat.

Die Analyse zeigt große Unterschiede zwischen den Parteien. Die meisten Übereinstimmungen finden sich im Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen, das 15 der Forderungen vollständig oder zum Teil enthält. Dahinter folgen die Wahlprogramme von DIE LINKE (13) sowie mit deutlichem Abstand SPD (6) und FDP (5). Schlusslicht ist das Wahlprogramm von CDU und CSU, in dem keine einzige Forderung komplett und nur zwei Forderungen teilweise aufgenommen wurden.

Helena Peltonen-Gassmann, stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland: "Unsere Auswertung der Wahlprogramme legt offen, dass einige Parteien Korruption nach wie vor nicht ernst nehmen. Viele wichtige Anliegen fehlen, oft bleiben die Aussagen vage. Das ist erschreckend, insbesondere nachdem die Maskenaffäre und die Aserbaidschan-Connection das Thema Korruption Anfang des Jahres unter das Brennglas der Aufmerksamkeit gerückt hatten. Die danach angestoßenen Reformen können nur ein erster Schritt gewesen sein. In der nächsten Legislaturperiode brauchen wir eine entschlossene Antikorruptionspolitik, um das bröckelnde Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen, den Rechtsstaat und unsere Unternehmen zu stärken."

"Das Wahlprogramm der Union bestätigt leider, was wir auch in den vergangenen Jahren erlebt haben: CDU und CSU stehen bei der Korruptionsbekämpfung nach wie vor auf der Bremse. Nach den Affären in den eigenen Reihen wurden Fortschritte erzielt, aber im Wahlprogramm spielt mehr Lobbytransparenz und mehr Integrität in der Politik keine Rolle. Auch in den Programmen von SPD und FDP gibt es große Lücken, aber immerhin einige Lichtblicke: Beide Parteien setzen sich für ein Transparenzgesetz ein; die SPD möchte außerdem einen legislativen Fußabdruck einführen, die FDP ein umfassendes Hinweisgeberschutzgesetz."

"Die konsequentesten Lösungsansätze zur Korruptionsbekämpfung finden sich in den Wahlprogrammen von Grünen und Linken. Beide Programme enthalten weitreichende Regelungen für mehr Lobbytransparenz, ein Transparenzgesetz, ein Hinweisgeberschutzgesetz sowie ein Unternehmensstrafrecht. Bei der Geldwäschebekämpfung und der nötigen Reform der Finanzaufsicht müssen alle Parteien bessere und konkretere Lösungsvorschläge auf den Tisch legen."

Der im Juni 2021 veröffentlichte Global Corruption Barometer 2021 hat verdeutlicht, dass das Thema Korruption für die Bürgerinnen und Bürger ein wichtiges Anliegen ist. Laut der von Oktober bis Dezember 2020 durchgeführten repräsentativen Umfrage glauben 26,4 Prozent der Bürgerinnen und Bürger, dass das Ausmaß an Korruption in Deutschland im letzten Jahr zugenommen habe. 38,5 Prozent der Menschen sind der Meinung, dass die Bundesregierung Korruption schlecht oder sehr schlecht bekämpfe.

Quelle und Kontaktadresse:
Transparency International - Deutschland e.V. Helena Peltonen-Gassmann, Stellvertretende Vorsitzende Alte Schönhauser Str. 44, 10119 Berlin Telefon: 030 549898-0, Fax: 030 549898-22

(mj)

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