Verbändereport AUSGABE 8 / 2009

Aktuelle Umsatzsteuer-Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum Begriff der Ehrenamtlichkeit von Verbands-Vorständen

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Der Begriff der ehrenamtlichen Tätigkeit ist bei der Umsatzsteuer insofern von Bedeutung, als nach § 4 Nr. 26 UStG die für ehrenamtliche Tätigkeiten gezahlten Entgelte unter bestimmten Voraussetzungen von der Umsatzsteuer befreit sind. Nach dieser Vorschrift ist eine ehrenamtliche Tätigkeit umsatzsteuerbefreit, wenn sie für eine juristische Person des öffentlichen Rechts (also z. B. für eine Anwalts- oder Ärztekammer) ausgeübt wird.

Die Umsatzsteuerbefreiung greift ferner, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit für privatrechtliche Organisationen ausgeübt wird und „das Entgelt für diese Tätigkeit nur in Auslagenersatz und einer angemessenen Entschädigung für Zeitversäumnis besteht“. Was in diesem Zusammenhang unter „Ehrenamtlichkeit“ zu verstehen ist, hat der Bundesfinanzhof in einem aktuellen Urteil vom 20.8.2009 (Aktenzeichen: V R 32/08) festgelegt.

Definition der Ehrenamt­lichkeit

Zu den ehrenamtlichen Tätigkeiten gehören nach der Rechtsprechung des V. Senats des BFH alle Tätigkeiten,

- die in einem anderen Gesetz als dem Umsatzsteuergesetz ausdrücklich als solche genannt werden oder

- die man im allgemeinen Sprachgebrauch herkömmlicherweise als ehrenamtlich bezeichnet oder

- die vom „materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit“ umfasst werden.

Unter dem „materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit“ versteht der Bundesfinanzhof, dass die betreffende Person bei der Amtsausübung kein eigennütziges Erwerbsstreben hat und das Amt nicht hauptberuflich ausübt. Ferner muss das Amt „für eine fremdnützig bestimmte Einrichtung“ ausgeübt werden. In grundsätzlicher Hinsicht stellt der Bundesfinanzhof infrage, ob diese Befreiungsvorschrift des deutschen UStG überhaupt mit dem übergeordneten Gemeinschaftsrecht vereinbar ist. Dies ist in der steuerlichen Fachliteratur umstritten. Der Bundesfinanzhof lässt diese Frage letztlich dahinstehen, weil sich ein deutscher Steuerpflichtiger immer auf die für ihn jeweils günstigere Vorschrift – in diesem Falle also auf § 4 Nr. 26 UStG – berufen kann. Der BFH gibt aber zu verstehen, dass § 4 Nr. 26 UStG seiner Auffassung nach nur insoweit gemeinschaftskonform ist, als er bestimmte öffentlich-rechtlich geprägte Tätigkeiten von der Umsatzbesteuerung ausnimmt. Auf jeden Fall sei die deutsche Vorschrift aber eng auszulegen. Deshalb hat das Gericht nunmehr – unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung – die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank nicht mehr als umsatzsteuerbefreit behandelt.

Anmerkung

Für privatrechtlich organisierte Verbände hat das Urteil in den Fällen Bedeutung, in denen man die Tätigkeit von Vorstandsmitgliedern als unternehmerische Tätigkeit ansieht. Nur in diesem Fall stellt sich die Frage einer Umsatzsteuerbefreiung. Stuft man die Tätigkeit eines Verbandsvorstandes dagegen als lohnsteuerpflichtiges Beschäftigungsverhältnis ein, so ist diese Tätigkeit nicht unternehmerisch. Folglich stellt sich die Frage einer Umsatzsteuerbefreiung gar nicht. Irritierend bei dieser Abgrenzung zwischen Lohn- und Umsatzsteuerbarkeit der Vorstandstätigkeit in Verbänden ist die Tatsache, dass die Lohnsteuersenate des BFH dazu neigen, die Lohnsteuerpflicht mit der Begründung zu bejahen, dass ein Vorstand im Verband den Weisungen der Mitgliederversammlung unterliegt und somit in den Organismus des Verbandes weisungsabhängig eingegliedert ist. Bei den Umsatzsteuersenaten geht dagegen die Tendenz dahin, Vorstände in Verbänden als selbstständig unternehmerisch tätig anzusehen. In diesen Fällen wird die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 26 UStG interessant.

Legt man in diesen Fällen den jetzt vom V. Senat des BFH definierten Begriff der Ehrenamtlichkeit zugrunde, so kommt man zu folgendem Ergebnis:

Zunächst ist zu prüfen, ob die Tätigkeit des Verbands-Vorstandes in einem anderen Gesetz als dem Umsatzsteuergesetz als „ehrenamtlich“ bezeichnet wird. Mir ist ein solches Gesetz nicht bekannt, was indes nicht ausschließt, dass ein solches Gesetz existieren könnte. Die Bezeichnung als „Ehrenamt“ in der Satzung reicht jedenfalls nicht aus, denn die Satzung ist kein Gesetz.

Die zweite Möglichkeit (Ehrenamtlichkeit als herkömmliche Bezeichnung im allgemeinen Sprachgebrauch) könnte schon eher als Begründung für eine Umsatzsteuerbefreiung in Betracht kommen. Allerdings ist fraglich, ob es einen solchen allgemeinen Sprachgebrauch gibt. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist die Annahme jedoch nicht abwegig, dass der unbefangene „Normalbürger“ die Vereinsvorstände generell als typische Ehrenamtler ansieht.

In vielen Fällen wird man sich jedoch mindestens auf den vom BFH geprägten „materiellen Begriff der Ehrenamtlichkeit“ stützen können. Das Erfordernis der Tätigkeit für eine „fremdnützig bestimmte Einrichtung“ dürfte zumindest bei Berufsverbänden und gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Verbänden ohne Weiteres erfüllt sein. In diesen Fällen sind Bezüge des Vorstandes von der Umsatzsteuer befreit, wenn er diese nicht hauptberuflich (das wird eher selten vorkommen) ausübt und er mit der Bekleidung des Vorstandsamtes kein eigennütziges Erwerbsstreben an den Tag legt. Ein solches eigennütziges Erwerbsstreben dürfte nach der Ratio des § 4 Nr. 26 UStG nicht vorliegen, wenn der Vorstand für seine Tätigkeit lediglich einen Auslagenersatz und eine „angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis“ erhält. Letztlich kommt es in solchen Fällen für die Umsatzsteuerbefreiung entscheidend darauf an, ob die Entschädigung „angemessen“ ist. (WE)

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Autor/in

Winfried Eggers

erlernte das „Steuerhandwerk” als Regierungsrat in der Verwaltung in NRW. Er war danach neun Jahre Finanzrichter beim Finanzgericht Köln. Bis Mitte 1998 war er in der Steuerabteilung des BDI tätig. Seither ist Dr. Eggers niedergelassener Anwalt mit dem Tätigkeitsschwerpunkt Steuerrecht für Verbände und Organisationen in Köln.