Verbändereport AUSGABE 4 / 2010

Der Verbandsgeschäftsführer als besonderer Vertreter

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„Tue Gutes und rede darüber“ – Diese Weisheit hat der Gesetzgeber im Zuge der Einführung von § 31a BGB und dem dort enthaltenen Haftungsprivileg für Vorstandsmitglieder von Verbänden sicherlich im Übermaß berücksichtigt. Die oben genannte und durch das Vereinsvorstandshaftungsbegrenzungsgesetz in das BGB am 28.09.2009 eingefügte Vorschrift hat das Ziel, „unentgeltlich“ tätige Vorstände – unentgeltlich ist man dann tätig, wenn man nicht mehr als 500 Euro pro Jahr als Vergütung erhält – gegenüber dem Verein und seinen Mitgliedern nur noch bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit haften zu lassen. Durch die übergroße Vermarktung dieser Vorschrift ist etwas untergegangen, dass die Haftungsbegrenzung von § 31a BGB nur auf die unentgeltlich tätigen Vorstände im Sinne des Gesetzes anwendbar ist und insbesondere nicht die sonstigen Organe des Vereins und hier auch die besonderen Vertreter betrifft. Verbandsgeschäftsführer sind damit nur dann im Anwendungsbereich von § 31a BGB, wenn sie unentgeltlich im vorgenannten Sinne tätig sind, was in der Verbandspraxis sicherlich fast nie vorkommt.

Zur Rekapitulation: Die Stellung eines Verbandsgeschäftsführers in einem Verband ist gesetzlich nicht geregelt und wird in der Praxis in drei Modellen gehandhabt:

1. Der Verbandsgeschäfts­führer als Vorstands­mit­glied

Es gibt Verbände, in denen entsprechend der tatsächlichen Aufgabenverteilung und Gewichtung der Verbandsgeschäftsführer neben dem vereinsrechtlichen ehrenamtlichen Vorstand ebenfalls echtes Vorstandsmitglied im Sinne von § 26 BGB „unentgeltlich“ und damit auch echter Vereinsvorstand ist.

In diesem Falle ist der Verbandsgeschäftsführer organschaftlich für den Verein tätig und erhält seine Vergütung letztendlich durch einen entsprechenden Dienstvertrag.

2. Der Verbandsgeschäftsführer als besonderer Vertreter

Eine weitere häufig anzutreffende Praxis besteht darin, dass der Verbandsgeschäftsführer als sogenannter besonderer Vertreter im Sinne von § 30 BGB tätig ist. Durch die Schaffung der Rechtsfigur des „besonderen Vertreters“ hat das BGB eine Art „Vorstand light“ (um nicht zu sagen Vorstand 2. Klasse) geschaffen. Vom echten Verbandsvorstand unterscheidet sich der besondere Vertreter dadurch, dass er nur für „gewisse Geschäfte“ durch die Satzung bestellt ist und nur im Rahmen dieser Geschäfte auch befugt ist, den Verband organschaftlich zu vertreten.

3. Verbandsgeschäftsführer als leitender Angestellter

Eine gänzlich andere Philosophie verfolgen Verbände, die den Verbandsgeschäftsführer zum leitenden Angestellten und damit letztlich zum Arbeitnehmer machen. Ist der Verbandsgeschäftsführer leitender Angestellter, so erhält er einen Anstellungsvertrag und ist nicht Organ des Verbandes. Die Stellung eines Arbeitnehmers unterscheidet sich von der eines Vorstandes beziehungsweise besonderen Vertreters auf der Ebene der Außenvertretung des Verbandes. Vertreten der Vorstand beziehungsweise der besondere Vertreter den Verein kraft ihrer Organstellung, so vertritt ein Arbeitnehmer den Verband „nur“ in seiner Funktion als rechtsgeschäftlich bestellter Vertreter.

In allen Fällen ist es so, dass das oben genannte Haftungsprivileg im Vereinsrecht nur in dem engen Fall gilt, in dem der Verbandsgeschäftsführer als echtes Vorstandsmitglied im Sinne von § 26 BGB für den Verein tätig ist. Mit anderen Worten muss auch nach der Vereinsrechtsnovelle der Verbandsgeschäftsführer sein Schicksal in haftungsrechtlicher Hinsicht selbst in die Hand nehmen, das heißt, er muss entweder im Anstellungsvertrag regeln, ob und wie er seine Haftung gegenüber dem Verband beschränkt, oder eine andere Möglichkeit ist es, in der Satzung entsprechende Bestimmungen aufzunehmen.

Eintragung in das Vereins­register

Ein weiteres praktisches Problem für Verbandsgeschäftsführer, die als sogenannte besondere Vertreter im Sinne des § 30 BGB zum Organ des Verbandes bestellt sind, besteht in der Eintragung der Rechtsverhältnisse des besonderen Vertreters im Vereinsregister. Bekanntlich muss durch die Satzung bestimmt werden, für welche Geschäfte der besondere Vertreter eingeschränkt zuständig ist. Dieser Wirkungskreis des besonderen Vertreters wird sodann auch in das Vereinsregister eingetragen.

In der Vergangenheit hatte es sich eingebürgert, den Wirkungskreis des Verbandsgeschäftsführers als besonderer Vertreter mit der Formulierung „Führung der Geschäfte des Vereins“ zu begrenzen. Diese in die Satzung aufgenommene Formulierung als besonderer Wirkungskreis des Verbandsgeschäftsführers wurde sodann früher in der Registergerichtspraxis häufig auch in das Vereinsregister eingetragen. In der jüngeren Vergangenheit ist nun vermehrt eine Tendenz der Registergerichte festzustellen, den so bezeichneten Wirkungskreis des Verbandsgeschäftsführers nicht mehr einzutragen. Bei Lichte betrachtet ist die Rechtsauffassung der Registergerichte auch zutreffend:

Aus der Logik von § 30 BGB folgt nämlich, dass der Wirkungskreis des besonderen Vertreters kleiner sein muss als derjenige des Vorstandes. Schon § 27 Absatz 3 BGB bestimmt, dass auch der Vorstand neben seiner Vertretungsbefugnis nach § 26 BGB im Innenverhältnis zum Verein dessen Geschäfte als Beauftragter umfassend zu führen hat. Mit anderen Worten ist der Vorstand der gesetzlich geborene „Geschäftsführer“ des Verbandes, das heißt, es gehört zu den zentralen Aufgaben des Vorstandes, die Verbandsgeschäftsführung zu übernehmen. Wenn jetzt der Verbandsgeschäftsführer als besonderer Vertreter im Sinne von § 30 BGB ebenfalls eine so weitreichende Geschäftsführungsbefugnis hat, verwischen die Grenzen zum Vorstand, sodass kein eingegrenzter Wirkungsbereich im Sinne der gesetzlichen Vorstellung mehr existiert.

Einige Registergerichte haben deshalb in der jüngeren Praxis eine solche Eintragung des umfassenden Wirkungskreises des Verbandsgeschäftsführers als Führer aller Geschäfte des Vereins abgelehnt. Die unangenehme Folgewirkung einer solchen Ablehnung ist die Notwendigkeit einer erneuten Satzungsänderung, da der Wirkungskreis des besonderen Vertreters nur in der Satzung bestimmt werden kann. Mit anderen Worten besteht die für die Leitung des Verbandes etwas blamable Folge darin, eigens wegen der abgelehnten Eintragung eine neue zweite Mitgliederversammlung durchführen zu müssen.

Bei den Registergerichten, die in der Vergangenheit die Eintragung des eingeschränkten Wirkungskreises des Verbandsgeschäftsführers im oben genannten Sinne abgelehnt haben, hat sich allerdings folgende Formulierung für den eingeschränkten Wirkungskreis als eintragungsfähig erwiesen: „Der Wirkungskreis des Verbandsgeschäftsführers im Sinne von § 30 BGB besteht im Führen der Geschäfte der laufenden Verwaltung des Verbandes.“

Alternativ wurde auch eingetragen: „Der Wirkungskreis des Verbandsgeschäftsführers im Sinne von § 30 BGB besteht in der Leitung der Verbandsgeschäftsstelle des Verbandes.“

Juristisch nicht vorgebildeten Lesern mag der Unterschied zwischen den oben genannten Formulierungen nicht ganz klar sein. Die Formulierung „laufende Geschäfte der Verwaltung des Verbandes“ stellt allerdings eine juristisch häufig gebrauchte Formulierung dar, die verdeutlichen soll, dass der Verbandsgeschäftsführer eben nur die Routinegeschäfte bis zu einem gewissen finanziellen Verpflichtungsgrad ausführen darf, nicht jedoch die gesamten Geschäfte eines Verbandes. Damit ist die umfassende Geschäftsführungsbefugnis des Vorstandes aus § 27 Absatz 3 BGB eingegrenzt und damit auch der „Abstand“ zwischen Vorstand und besonderem Vertreter wiederhergestellt. An dieser Stelle muss jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass auch bei der oben genannten Formulierung keine Garantie für eine Eintragung besteht. Im Zweifelsfalle sollte man also die entsprechende Formulierung vorher mit dem Registergericht abstimmen oder sich bei Fassung des Satzungsbeschlusses die Befugnis geben lassen, den Wirkungskreis des besonderen Vertreters im Sinne von § 30, der in der Satzung bestimmt ist, gegebenenfalls redaktionell so neu zu fassen, dass eine Eintragungsfähigkeit beim Registergericht besteht. Durch einen solchen Vorratsbeschluss wird jedenfalls die aufwendige neue Mitgliederversammlung vermieden.

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Autor/in

Ralf Wickert

ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuer- und Arbeitsrecht. Er ist Gesellschafter der Dornbach GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft mit den Tätigkeitsschwerpunkten gesellschaftsrechtliche, arbeits- und steuerrechtliche Beratung von Unternehmen und Verbänden. Autor mehrerer Fachbücher, u. a. des Praxishandbuches Verbandsrecht und des Praxishandbuches Datenschutz in Verbänden.

http://www.dornbach.de

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