Verbändereport AUSGABE 9 / 2001

Internationalisierung von nationalen Verbänden

Kooperationen müssen systematisiert werden

Logo Verbaendereport

Zahlreiche Wirtschaftsverbände stehen vor folgendem Problem: Ihre nationalen Mitglieder expandieren in andere europäische Märkte und erwarten, dass diese Märkte nunmehr auch von ihren nationalen Stammverbänden bearbeitet werden. Vielfach planen die Firmen nicht, in die nationalen Verbände ihrer Zielländer einzutreten, sei es, weil sie zusätzliche Kosten vermeiden wollen, sei es, weil sie dort eine Rolle als Außenseiter befürchten. Damit verlieren für viele Verbände die bisherigen nationalen Zuständigkeitsgrenzen an Bedeutung. Dies ist die natürliche Folge des europäischen Binnenmarkt-Konzeptes.

Dies stellt deutsche Verbände vor neue Aufgaben. War es in der Vergangenheit vielfach ausreichend, bei Bedarf Kontakt zu den Partnerverbänden in der Europäischen Union aufzunehmen, um die eine oder andere Frage zu klären, so reichen diese gelegentlichen Kontakte in Zukunft nicht mehr aus. Meist sind auch die EG-Branchenverbände ungeeignete Partner, weil deren fachlicher Zuständigkeitsbereich meist sehr eng gefasst ist.

Die Verbände stehen daher vor der Aufgabe, die Kontakte und Informationsquellen in den neuen Zielländern systematisch auszubauen und zu pflegen, um den vielfältigen Informationsbedarf der Unternehmen im Europäischen Binnenmarkt zu decken.
Bisweilen bieten sich hier formalisierte Kooperationsverträge mit den jeweiligen Partnerverbänden an. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass deren Interessenlage oftmals konträr ist, weil es zu ihren Aufgaben gehört, vor allem die Interessen der eigenen Mitglieder zu beachten. Indem sie ausländischen Interessenvereinigungen wesentliche Marktinformationen zukommen lassen, verbessern sie die Wettbewerbssituation der ausländischen Konkurrenten.

Daher wird es vielfach notwendig sein, Kontakte zu den europäischen statistischen Ämtern und ähnlichen Einrichtungen zu pflegen, um einen raschen Zugriff auf die erforderlichen Daten zu erhalten. Vielfach können auch die Auslandshandelskammern nützliche Informationen beisteuern. Stets wird es aber ratsam sein, diese Kontakte nicht erst bei einem konkreten Informationsbedarf zu entwickeln, sonder sie vorher zu knüpfen. Auch hier gilt das Prinzip der Gegenseitigkeit, so dass ein fairer Datenaustausch erfolgen muss.

Das Internet bietet zusätzliche Informationsquellen: Alle statistischen Ämter der Europäischen Union sind mit eigenen Webseiten im Internet vertreten. Auch zahlreiche Ausenhandelskammern können per Internet kontaktiert werden. Entscheidend wird es in der Zukunft sein, die bisherigen punktuellen Kontakte zu verstetigen, damit ein regelmäsiger Informationsfluss gewährleistet ist.

Kooperation beim Aufbau von Datenbanken
Verbandliche Statistiken sind oft ein wesentliches Kriterium für die Mitgliedschaft. Hier treten zunehmend kommerzielle Datenbanken in Konkurrenz zu den bestehenden Verbänden.

Verbände sind daher gut beraten, eigene Datenbanken für die Verbandsmitglieder aufzubauen. Da der Aufbau solcher Datenbanken und vor allem ihre Pflege Kapazitäten binden und Kosten verursachen, sollten Verbände verstärkt darüber nachdenken, ob sie ihre Aktivitäten nicht in einem Pool zusammenfassen können. Die Kosten werden dadurch geteilt und bleiben in einem vertretbaren Rahmen.

Zugriff zu solchen Datenbanken haben in der Regel nur die angeschlossenen Verbandsmitglieder, die nach Eingabe eines geschützten Passworts die Daten abrufen können.

Unerlässlich ist es, die berechtigten Mitglieder regelmäßig auf die Zugangsmöglichkeit zu den Datenbanken hinzuweisen, weil sie erst "lernen" müssen, dass ihnen Verbandsstatistiken nicht zugesandt, sondern zentral abgerufen werden.

Artikel teilen:
Autor/in

Helmut Martell

ist Rechtsanwalt. Helmut Martell war Gründungsvorsitzender der DGVM und zwanzig Jahre ihr Stellvertretender Vorsitzender. Von 1997 bis 2014 fungierte er als Herausgeber des Verbändereport.

Das könnte Sie auch interessieren: