Der Vollzug von Vorstandsbeschlüssen kann einen Verbandsgeschäftsführer mitunter strafrechtlichen Vorwürfen aussetzen, wie der folgende (reale) Fall zeigt, bei dem es um den Vorwurf der Untreue ging (§ 266 StGB):
Der Sachverhalt
Betroffen war der Geschäftsführer eines aus rund 500, meist freiberuflich tätigen Mitgliedern bestehenden Verbandes. Neben Fortbildungsveranstaltungen für Mitglieder erwarten diese vom Verband Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zur Förderung der eigenen Berufsausübung.
Die Pressearbeit wird vom Vorstandsvorsitzenden des Verbandes persönlich wahrgenommen. Hierfür erhält er auf der Grundlage mehrheitlich gefasster Vorstandsbeschlüsse neben den anfallenden Telefon- und Telefaxkosten eine pauschalierte Aufwandsentschädigung von monatlich 2.000 Euro. Der Geschäftsführer hat die entsprechenden Überweisungen aufgrund einer ihm erteilten Vollmacht an den Vorsitzenden überwiesen.
Der Höhe nach entspricht das gezahlte Honorar dem Gehalt eines Berufsanfängers im journalistischen Bereich. Arbeitsumfang und Erfolg der Pressearbeit wurden von den Mitgliedern zu keiner Zeit in Zweifel gezogen. Die Mitgliederversammlung hat den Vorstand auch dann noch entlastet, als ein besonders engagierter Kassenprüfer die Verweigerung der Entlastung mit dem Hinweis empfahl, dass die gezahlten Beträge unangemessen hoch seien.
Die Satzung
In den für den Sachverhalt wesentlichen Teilen lautet die Satzung wie folgt:
§ 6 Mitgliederversammlung
Der Mitgliederversammlung obliegen
- die Satzungsänderungen,
- die Wahl des Vorstandes sowie dessen Entlastung,
- die Ernennung von Ehrenmitgliedern
- die endgültige Beschlussfassung über den Ausschluss eines Mitgliedes
- die Entscheidung über die eingereichten Anträge,
- der Beschluss über die Auflösung des Vereins.
§ 7 Vorstand
2. Der Verein wird gerichtlich und außergerichtlich durch den Vorsitzenden allein oder durch zwei stellvertretende Vorsitzende gemeinschaftlich vertreten. Alle Vorstandsmitglieder sind von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.
Der strafrechtliche Vorwurf
Die Staatsanwaltschaft hat nach Durchsuchung der Geschäftsräume des Verbandes und Abschluss der Ermittlungen die Auffassung vertreten, Zahlungen, die über den nachgewiesenen Aufwand von Vorstandsmitgliedern hinausgehen, auch dann nicht auf der Grundlage von Vorstandsbeschlüssen geleistet werden dürfen, wenn die Vorstandsmitglieder vom Verbot des Selbstkontrahierens nach § 181 BGB befreit sind. Erforderlich sei vielmehr, dass — mangels anderweitiger satzungsrechtlicher Vorschriften — die Mitgliederversammlung über die Vergütung von Vorstandsmitgliedern zu beschließen habe. Auf die satzungsgemäß stark eingeschränkte Zuständigkeit der Mitgliederversammlung komme es dabei ebenso wenig an wie auf die Befreiung der Vorstandsmitglieder vom Verbot des Selbstkontrahierens.
Die Ermittlungsbehörde stützt sich hierzu auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. Januar 1991 (Aktenzeichen II ZR 144/90; veröffentlicht in der Neuen Juristischen Wochenschrift 1991, S. 1727). Danach ist für den Abschluss eines Anstellungsvertrages mit dem Vorstandsmitglied in der Regel allein das Verbandsorgan zuständig, das nach Gesetz oder Satzung zur Bestellung und Abberufung des Vorstandes berufen ist. Dies ist bei Verbänden meist die Mitgliederversammlung; durch Satzung kann auch ein besonderer Personalausschuss oder ein Beirat mit dem Abschluss von Verträgen mit Vorstandsmitgliedern beauftragt werden. Die Mitgliederversammlung kann sogar den Vorstand beauftragen, derartige Verträge abzuschließen.
Fazit
Die Legitimation zu solchen finanzwirksamen Beschlüssen muss sich also aus der Satzung oder einem Beschluss der Mitgliederversammlung ableiten. Werden diese Regeln missachtet, kann dies einen Untreuevorwurf begründen. Dies kann auch für den Geschäftsführer gelten, der die Vorstandsbeschlüsse nur ausführt. Im geschilderten Fall wurde zwar das Ermittlungsverfahren eingestellt, es ist aber empfehlenswert, vorsorglich die vorhandene Verbandssatzung und Beschlusslage genaustens zu überprüfen und entsprechend dem BGH-Urteil anzupassen.