Ihr Verband hat mit Kunst nichts zu tun und ist deshalb nicht von der Künstlersozialabgabe betroffen? Irrtum. Schon die eigene Öffentlichkeitsarbeit kann die Abgabepflicht auslösen. Da aber auch viele Verbände und Einrichtungen von der Abgabepflicht gar nichts wissen und sich deshalb nicht bei der Künstlersozialkasse melden, wird nun die Deutsche Rentenversicherung in die Erfassung der säumigen Verwerter eingeschaltet – 300.000 Unternehmen und Einrichtungen werden nun für die vergangenen fünf Jahre nachzahlen müssen. Ein Thema also, das Aufmerksamkeit verdient.
Vorsorge lohnt sich, denn das Erwachen kann böse sein: Finden die Künstlersozialkasse (KSK) oder die Rentenversicherung einen abgabepflichtigen Verwerter, der sich noch nicht gemeldet hat, erhebt sie die Künstlersozialabgabe rückwirkend für die letzten fünf Jahre. Die Rückforderungen können dabei durchaus auch fünfstellige Eurobeträge erreichen. Es hilft deshalb nur, sich rechtzeitig zu informieren.
Das System der Künstlersozialversicherung
Selbstständige Künstler und Publizisten sind nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) pflichtversichert in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung. Sie erhalten von der KSK einen Zuschuss von 50 Prozent zu den monatlichen Versicherungsbeiträgen. Das KSVG wurde geschaffen, um über diesen Weg die meist schlechte soziale Absicherung und Vorsorge freischaffender Künstler und Publizisten zu verbessern. Finanziert werden die Zuschüsse zu 40 Prozent durch den Bund und zu 60 Prozent durch die Künstlersozialabgabe. Diese Abgabe müssen alle Unternehmen zahlen, die regelmäßig Honorare an selbstständige Künstler und Publizisten vergeben.
Verbände und gemeinnützige Einrichtungen
Abgabepflichtig sind nach § 24 KSVG alle Unternehmen, die typischerweise die Werke und Leistungen freier Künstler oder Publizisten verwerten oder die an sie sonst regelmäßig Aufträge vergeben. Dazu gehören beispielsweise Bühnen, Verlage, Filmproduktionsfirmen, Radiosender und Museen, aber auch Werbeagenturen. Die größte Gruppe aber werden in absehbarer Zeit die sogenannten Eigenwerber darstellen. Dies sind alle Unternehmen und Einrichtungen, die für ihre eigenen Produkte oder ihre Zwecke Werbung betreiben.
Die Höhe des Umsatzes ist für die Frage der Abgabepflicht irrelevant, und auch eine Anerkennung vom Finanzamt als gemeinnützig hilft nicht gegen die Abgabeforderung. Nicht nur gewinnorientierte, privatwirtschaftliche Betriebe können „Unternehmen“ im Sinne des KSVG sein, sondern auch Stiftungen, öffentlich-rechtliche Körperschaften oder auch eingetragene Vereine.
Ziel der Reform 2007: 300.000 Unternehmen sollen nachzahlen
Es gibt also zwei Säulen, auf denen das KSVG fußt, die aber nicht im Einklang miteinander gewachsen sind. Auf der einen Seite stehen die versicherten Künstler und Publizisten, denen die Künstlersozialkasse Zuschüsse für die Versicherungsbeiträge zahlt. Auf der anderen Seite stehen die Unternehmen, welche diese Zuschüsse über die Künstlersozialabgabe mitfinanzieren. Allerdings ist die Zahl der Versicherten konstant stärker gestiegen als die Zahl der bei der KSK gemeldeten Verwerter. Der Finanzbedarf der KSK stieg also stetig an, ohne dass die Verwerterseite in gleichem Maße mitwuchs. In der Folge stieg der Abgabesatz im Jahr 2005 von zuvor 4,3 Prozent auf dann 5,8 Prozent.
Auf die veröffentlichte Empörung hie-rüber begann die Bundesregierung mit einer Analyse des Problems und kam zu dem richtigen Ergebnis, dass die Zahl der erfassten Verwerter massiv erhöht werden müsse. Diesem Zweck dient die im Juni dieses Jahres nun in Kraft getretene Reform des KSVG. Die Deutsche Rentenversicherung wird in die Erfassung und Prüfung der Verwerter einbezogen, 300.000 noch nicht gemeldete Unternehmen und Einrichtungen sollen auf diese Art in den kommenden Jahren die Künstlersozialabgabe zahlen, und zwar auch rückwirkend für die vergangenen fünf Kalenderjahre (dies sehen die allgemeinen Verjährungsfristen im Sozialrecht vor). Die Reform betrifft dabei nur die Zuständigkeitserweiterung auf die Rentenversicherung. Es wurde nicht der Kreis der abgabepflichtigen Verwerter vergrößert.
Worauf ist die Abgabe zu leisten?
Die Künstlersozialabgabe ist nach § 25 KSVG auf alle Honorare zu leisten, die ein Verwerter an freie Mitarbeiter für künstlerische oder publizistische Leistungen zahlt. Bei den Verbänden werden dies regelmäßig Aufträge an Grafiker, Fotografen oder Werbeagenturen für die eigene Werbung sein, etwa für die Gestaltung einer Imagebroschüre oder der Website. Aber auch Text und Gestaltung für Informationsbroschüren, Themenhefte, die Verbandszeitschrift oder Bücher gehören hierzu. Hier zeigt sich wieder, dass die Begriffe Kunst und Publizistik schnell in die Irre führen können.
Was ist „Entgelt“ im Sinne des KSVG?
Zum abgabepflichtigen Entgelt im Sinne des § 25 KSVG gehört alles, was ein Unternehmen aufwendet, um die künstlerische oder publizistische Leistung nutzen zu können. Dazu gehören natürlich an erster Stelle Honorare, aber auch erstattete Auslagen wie Telefon- oder Portokosten. Nicht zur Bemessungsgrundlage für die Abgabe zählen dagegen Reise- und Fahrtkosten in den steuerlichen Freigrenzen, soweit diese Kosten exakt ausgewiesen sind — eine „Pauschale“ genügt diesen Anforderungen nicht.
Die Höhe der Künstlersozial-abgabe
Die Höhe der Künstlersozialabgabe richtet sich nach zwei Faktoren: (1) der sogenannten Bemessungsgrundlage, also der Summe aller in einem Kalenderjahr an freie Künstler und Publizisten gezahlten Entgelte, und (2) dem Vomhundertsatz der Künstlersozialabgabe. Der Vomhundertsatz wird für jedes Kalenderjahr neu festgelegt und den gemeldeten Unternehmen von der KSK mitgeteilt. Für das Jahr 2007 wurde der Vomhundertsatz festgelegt auf 5,1 Prozent. Für jedes Honorar, das an einen selbstständigen Künstler oder Publizisten 2007 gezahlt wird, sind also zusätzlich 5,1 Prozent an die KSK zu leisten. Zusätzlich heißt: Die Abgabe darf nicht vom Honorar des Künstlers einbehalten werden, der Unternehmer muss sie alleine tragen! Auch anderslautende vertragliche Regelungen helfen nicht, sie sind wirkungslos.
Verhandeln mit der KSK — manche ködern damit
Die Nachzahlungen für die vergangenen fünf Kalenderjahre stellen das größte Problem für die erfassten Unternehmen dar, da dieser Posten in keiner Kalkulation mehr berücksichtigt werden kann. Die beauftragten Agenturen haben die Misere keineswegs zu verantworten, auch wenn viele Unternehmen die Last gern auf sie abzuwälzen versuchen. Es sind die Unternehmen und Verbände selbst und ihre Berater, welche die eigenen Rechte und Pflichten kennen müssen und hierfür einzustehen haben.
Die BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände forderte in seiner Stellungnahme zur KSVG-Novelle (siehe Kasten Seite 25) zwar eine Informationspflicht seitens der beauftragten Künstler — doch warum sollen diese über fremde Abgabepflichten besser Bescheid wissen als die Unternehmen selbst? Ein Arbeitnehmer hat seinen Arbeitgeber auch nicht auf dessen Sozialabgaben hinzuweisen.
Die Rückforderung für die Vergangenheit fußt nicht im Recht der KSK, es ist kein Sonderrecht, sondern folgt aus dem allgemeinen Sozialgesetzbuch. Ein Erlass ist an äußerst hohe Hürden geknüpft, die im Jahr in kaum einer Handvoll Fälle und auch fast ausschließlich bei gemeinnützigen Einrichtungen anerkannt werden. Zahlungsschwierigkeiten stellen keinen Grund für einen Erlass dar. Verbände auf der Suche nach Rat sollten daher alle wohlmeinenden Angebote, das mit der KSK erst einmal zu verhandeln, vorsichtig und auf die Kosten-Nutzen-Relation hin prüfen. Sehr viel leichter bewilligt die KSK Ratenzahlungen, hier gilt ein abgestuftes und austariertes System unterschiedlicher Zeiträume mit je unterschiedlichen, ansteigenden Anforderungen für die Bewilligung.
Einsparmöglichkeiten
Es gibt noch viele offene Rechtsfragen im Recht der KSK, insbesondere die Definition der Begriffe Kunst und Publizistik wird die Gerichte noch lange beschäftigen. Trotz dieser vielen Unsicherheiten sind die Gestaltungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Wichtig ist es, die nichtabgabepflichtigen Bestandteile zu kennen, damit diese abgezogen werden können. Abgabenfrei sind beispielsweise Reise- und Übernachtungskosten (innerhalb der steuerlichen Freigrenzen), Entgelte an Verwertungsgesellschaften und steuerfreie Aufwandsentschädigungen. Statt beispielsweise pauschal ein Entgelt von 5.000 Euro in Rechnung zu stellen, sollte der Künstler die möglicherweise enthaltenen Reisekosten extra ausweisen. So zahlt der Verband die Abgabe dann nur noch auf diese etwas kleinere Restsumme.
Zahlungen an eine GmbH unterliegen gar nicht der Künstlersozialabgabe (denn eine GmbH ist eine juristische Person und kein „selbstständiger“ Künstler). Dies führt dazu, dass viele Unternehmen nur noch oder überwiegend GmbHs beauftragen, aber keine Freiberufler oder Agenturen in Form der GbR mehr.
Das Verfahren vor der KSK
Zunächst müssen sich abgabepflichtige Unternehmen bei der KSK melden, damit diese die Abgabepflicht prüfen und dann mit einem Bescheid verbindlich feststellen kann. Da dieser Pflicht kaum ein Unternehmen freiwillig nachkommt, gehen KSK und Rentenversicherung auf die Suche und schreiben die ermittelten Unternehmen an. Es ist ein Fragebogen zur Prüfung der Abgabepflicht auszufüllen und zurückzusenden. Wird die Abgabepflicht festgestellt, muss anschließend die Entgeltmeldung für die vergangenen fünf Jahre vorgelegt werden. Auf diese Entgeltmeldung wird die Abgabeschuld festgesetzt, außerdem muss das Unternehmen monatliche Vorauszahlungen an die KSK leisten. Nach Ablauf eines Kalenderjahres werden dann die monatlichen Vorauszahlungen des Jahres und die Abgabeschuld für das gleiche Jahr saldiert — mit der Folge einer Nachzahlungspflicht des Unternehmens oder einem Rückforderungsanspruch gegen die KSK.
Fazit
Verbände sollten wissen, was mit der Künstlersozialabgabe auf sie zukommen kann — damit der Kontakt mit der KSK oder der Rentenversicherung nicht zum finanziellen Desaster wird!