Verbändereport AUSGABE 9 / 2011

Wann ist ein Verband ein Verband?

Neues Urteil zur Irreführungseignung von Vereinsnamen

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Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat in einer Entscheidung vom 02.08.2011 (Az.: 20 W 533/10 – siehe VR 8/2011) zu der Frage Stellung genommen, welche Voraussetzungen eigentlich vorliegen müssen, damit sich ein Berufsverband „Europäischer Fachverband“ nennen darf.

Gerade für die überregional tätigen Berufs- und Wirtschaftsverbände ist diese Entscheidung wichtig. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat nämlich im Kern die vor einigen Jahren vorgenommene Liberalisierung des Firmenrechts im Handelsgesetzbuch auch auf das Vereinsrecht und hier die Vereinsnamen übertragen. In der Sache ging es um einen Berufsverband aus dem ärztlichen Bereich, der auf Fachverbandsebene sich im Vereinsnamen die Zusatzbezeichnung „Europäischer Fachverband“ zugelegt hatte. Die Eintragung dieses Zusatzes hat das Vereinsregister abgelehnt, da man den Verein hinsichtlich seiner Größe nicht als so wichtig empfand, dass er sich gleich „Europäischer Fachverband“ nennen durfte. Dieser zunehmend restriktiven Haltung der Vereinsregister bei der Eintragung von Satzungsänderungen und Vereinsnamen hat das Oberlandesgericht Frankfurt jetzt wenigstens für die Vereinsnamen einen deutlichen Dämpfer verpasst.

Im Grundsatz geht das Oberlandesgericht davon aus, dass der in § 57 BGB geregelte Vereinsname einerseits dem Grundsatz der Namenswahrheit unterliegt und andererseits in entsprechender Anwendung von § 18 Absatz 2 Handelsgesetzbuch auch nicht im Ergebnis irreführend sein darf.

Dabei hat sich das OLG auch mit der Frage beschäftigt, in welchen Fällen ein rechtsfähiger Verein sich eigentlich „Verband“ nennen darf. In einer älteren Entscheidung war der Bundesgerichtshof noch der Meinung, mit dem Namen „Verband“ entstehe der Eindruck eines organisatorischen Zusammenschlusses „von nicht unerheblicher Größe“, die sich jedenfalls aus einer größeren Anzahl von Mitgliedern ergeben müsse. Im Ergebnis dürfe sich nur der Verein „Verband“ nennen, der eine „herausragende Bedeutung“ habe.

Diese Entscheidung, auf die sich das Vereinsregister beim Amtsgericht berufen hatte, war jedoch noch zu Zeiten ergangen, wo auch das Firmenrecht im Handelsgesetzbuch noch viel strenger ausgelegt wurde. Nach der Gesetzesänderung im Firmenrecht stellt jetzt das OLG Frankfurt klar, dass diese Liberalisierung des Firmenrechts auch auf Vereinsnamen zu übertragen sei. Im Ergebnis sollte die Liberalisierung des Firmenrechts sicherstellen, dass unter dem Gesichtspunkt des Irreführungsverbots nur noch diejenigen Firmierungen zu kritisieren sind, die von einer sogenannten wettbewerblichen Relevanz sind. Dies wird man bei Vereinen schon per se unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes nur in Ausnahmefällen annehmen dürfen, da Vereine wie Berufs- und Wirtschaftsverbände ja nicht gezielt an einem Markt auftreten und quasi als Gewerbebetrieb handeln.

„Verband“ erst ab 500 Mitglieder?

Das OLG setzt sich auch mit der in der vereinsrechtlichen Literatur diskutierten Feststellung auseinander, ein Verein dürfe sich nur dann Verband nennen, wenn er mehr als 500 Mitglieder habe. Diese Ansicht wird eindeutig zurückgewiesen, da sie keinerlei rechtliche Grundlage habe und eigentlich auch durch nichts untermauert sei. Damit dürfen sich zumindest alle Berufs- und Wirtschaftsverbände – sofern sie nicht vollkommen unbedeutend sind – unproblematisch den Namen „Verband“ geben, ohne in irgendeiner Art und Weise den Nachweis führen zu müssen, eine bestimmte größere Mitgliederzahl zu repräsentieren.

Auch eine Irreführung der Verkehrskreise sei nicht zu erwarten, da sich die Verkehrskreise unter dem Namen „Verband“ kaum etwas Festgefügtes vorstellen und darüber hinaus eine Täuschungsgefahr, so wie sie etwa bei Marktteilnahme und Wettbewerb entsteht, bei den hier zu beurteilenden Verbänden kaum vorhanden sein dürfte. Insgesamt ist die Entscheidung sicherlich zu begrüßen, da jetzt obergerichtlich festgestellt wurde, dass das vor Jahren liberalisierte Firmenrecht auch auf Vereinsnamen durchschlägt und sich die Vereinsregister nicht als Prüfungsinstanz dafür fühlen dürfen, und wann Vereine Verbände heißen dürfen. 

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Autor/in

Ralf Wickert

ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuer- und Arbeitsrecht. Er ist Gesellschafter der Dornbach GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft mit den Tätigkeitsschwerpunkten gesellschaftsrechtliche, arbeits- und steuerrechtliche Beratung von Unternehmen und Verbänden. Autor mehrerer Fachbücher, u. a. des Praxishandbuches Verbandsrecht und des Praxishandbuches Datenschutz in Verbänden.

http://www.dornbach.de

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