In Ausgabe 1/2001 hatte Verbändereport bereits die wesentlichen Befunde der Kienbaum-Studie „Führungskräfte in Verbänden 2000“ vorgestellt. Marcus Weiand von Kienbaum Management Consultants schreibt im folgenden Beitrag die letztjährigen Befunde anhand der neuesten Erhebung, die im April 2001 abgeschlossen wurde, fort und erläutert die aktuellen Vergütungstrends in Verbänden.
Heterogenität der Verbände
Die Zielrichtungen und Tätigkeiten der einzelnen Verbände sind so unterschiedlich, dass Daten zur Vergütung stets einen pauschalen Charakter behalten müssen. Und trotzdem sind gewisse Elemente für nahezu alle Interessensvertretungen von herausragender Bedeutung: Um ihre Mitglieder kompetent betreuen zu können, sind ausgewiesene Fach- und Führungskräfte als Mitarbeiter der Verbände vonnöten. Für diese Mitarbeiter sind genügend starke Eintritts- und Bleibeanreize bereitzustellen. Eine zentrale Rolle spielen hierbei moderne und allgemein konkurrenzfähige Vergütungssysteme.
Die Kienbaum Vergütungsstudie „Führungskräfte in Verbänden 2001“ zeigt als Ergebnis einer breit angelegten Umfrage die neuesten Entwicklungen in diesem Bereich auf. Gegenstand der Untersuchung waren die Höhe und Struktur der Vergütung vor dem Hintergrund verschiedener Merkmale der Verbände und Verbandsführungskräfte. An der Befragung im Frühjahr 2001 beteiligten sich insgesamt 292 Verbandsbetriebe mit Angaben zu 912 Führungspositionen.
Entwicklung der Bezüge
Von April 2000 bis April 2001 stiegen die Gehälter der Führungskräfte in Verbänden um durchschnittlich 4,1 %. Der mittlere Bereich der Gehaltserhöhungen reicht von 1,9 % bis 4,8 %. Die erheblichen Unterschiede in den Erhöhungssätzen zeigen sich weniger zwischen den verschiedenen Positionen, Verbandsarten oder Größenordnungen der Verbandbetriebe, sondern bilden sich in Abhängigkeit zum Lebensalter. Die jüngeren Führungskräfte können die höchsten Gehaltszuwächse verzeichnen. Dies ist damit zu erklären, dass jüngere Führungskräfte zunächst über einen Zeitraum von einigen Jahren and das eigentlichen „Zielgehalt“ ihrer jeweiligen Position herangeführt werden. Mit zunehmendem Alter der Positionsinhaber nimmt die Höhe der Steigerungssätze folglich tendenziell ab
Gehaltshöhe und Einflussfaktoren
Ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen werden Höhe und Struktur der Gehälter von Führungskräften in Verbandsbetrieben durch eine Vielzahl von Einflussgrößen geprägt. Diese Faktoren überlagern einander; je nachdem, in welche Richtung sie wirken, verstärken oder verringern sie ihre Wirksamkeit.
Einflussfaktoren der Vergütungsbemessung von Verbandsführungskräften
Die Darstellung beleuchtet einige wesentliche Einflussfaktoren der Gehaltshöhe. Grundsätzlich ist die Höhe der Vergütung vor dem Hintergrund des Beitrages zu bestimmen, den der Mitarbeiter zur Erreichung der Ziele des Verbandsbetriebes leistet. Von entscheidender Bedeutung für die Entgelthöhe ist also die betriebsinterne Wertigkeit der ausgefüllten Position einerseits, das Maß, in dem diese Position aufgrund von Qualifikation, Erfahrung und Einsatzbereitschaft von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllt wird, andererseits.
Hierarchischer Rang/Position
Die Aufgabeninhalte der von der jeweiligen Führungskraft ausgefüllten Position übern einen spürbaren Einfluss auf die Vergütungshöhe aus. Das Vergütungsgefälle zwischen Hauptgeschäftsführern, Geschäftsführern der 2. Ebene und Referats- und Abteilungsleitern erklärt sich aus dem unterschiedlichen Verantwortungsumfang innerhalb des Verbandsbetriebes.
Jahresgesamtbezüge von Verbandsführungskräften nach Hierarchie/Positionsgruppe
Tätigkeit des Verbandes
Die Wirtschaftsverbände weisen schon aufgrund ihrer Aufgabenstellung und Mitgliederstruktur eine große Nähe zum Unternehmen auf; dies schlägt sich auch im Vergütungsniveau ihrer Führungskräfte wieder. Dagegen spielen soziale Aufgabenstellungen, ehrenamtliches Engagement, ideelle Anreize vor allem in den sozialen und politischen Verbänden eine große Rolle. In vielen Fällen sind die Vergütungsstrukturen aufgrund rechtlicher Rahmenbedingungen von den Entgeltregularien und dem Gehaltsniveau des öffentlichen Dienstes (BAT) geprägt.
Einen mittleren Rang nehmen die soziokulturellen Verbände ein. Hier zeigen sich innerhalb der Gruppe erhebliche Unterschiede, die Ausdruck sehr heterogener Aufgaben und Zielsetzungen dieser Verbände sind.
Größe des Verbandsbetriebes
In Verbandsbetrieben (ähnlich wie in Wirtschaftsunternehmen) existiert ein enger Zusammenhang zwischen den Aufgaben- und Verantwortungsumfang einerseits und der Gehaltshöhe andererseits. Indikatoren für die Größe des Verbandsbetriebes und damit für den Verantwortungsumfang sind der Etat, die Beschäftigtenzahl sowie die Zahl der Führungskräfte des Verbandsbetriebes. Die Zahl der Mitglieder (Mitgliedsunternehmen) übt keinen spürbaren Einfluss auf die Vergütungshöhe der Verbandsmitarbeiter aus.
Die durchschnittliche Gehaltshöhe des Hauptgeschäftsführers im Verbandsbetrieb beträgt mit einem Etat bis 1 Mio. DM (129 TDM) nur etwas mehr als die Hälfte des Kollegen mit einem Etat von über 10 Mio. DM (236 TDM).
Ausbildung der Verbandführungskräfte
Verbandmanager weisen eine vergleichsweise hohe Qualifikation auf: Mehr als 80 % von ihnen haben ein Universitäts- oder Fachhochschulstudium absolviert. Besonders hoch liegt es in den Wirtschafts- sowie soziokulturellen Verbänden.
Eine qualifizierte Ausbildung zahlt sich in den Verbänden aus. Mit höheren Ausbildungsabschlüssen steigen die individuellen Chancen, verantwortliche Positionen in Verbandsbetrieben zu übernehmen. Verbandsmanager mit hoher formaler Qualifikation erzielen im Allgemeinen ein höheres Einkommen als ihre Kollegen ohne vergleichbare Abschlüsse. Besonders deutlich wird dies an den Unterschieden im Gehaltsniveau zwischen promovierten und nichtpromovierten Hochschulabsolventen.
Jahresgesamtbezüge (in TDM) nach Positionsgruppe und Ausbildungsabschlüssen
Gehälter nach Geschlecht
Frauen sind unter den Führungskräften in Verbänden deutlich unterrepräsentiert: Von den untersuchten Positionen besetzen sie lediglich 21 Prozent. Dabei sind mit diesem Wert die beruflichen Chancen der Frauen in Verbandsbetrieben immer noch besser als in Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft, wo ihr Anteil zumindest in den alten Bundesländern zum Teil deutlich unter 10 Prozent liegt. Die größten Chancen, Führungspositionen in Verbänden zu erreichen, haben Frauen in den sozialen/karitativen (35 %) und den politischen Verbänden (29 %).
Frauen sind in Führungspositionen der Verbandsbetriebe nicht nur deutlich unterrepräsentiert, sondern auch schlechter bezahlt. Die Abstände lassen sich nur zum Teil dadurch erklären, dass Frauen eher in kleineren Verbandsbetrieben tätig sind oder ein niedrigeres Lebensalter und damit geringere Berufserfahrung aufweisen. Auch bei Berücksichtigung dieser Faktoren zeigt sich, dass weibliche Führungskräfte in vergleichbaren Führungspositionen ein um 20 bis 25 Prozent niedrigeres Gehalt beziehen als ihre männlichen Kollegen.
Sonstige Einflussgrößen
Die individuelle Leistungsstärke einer Führungskraft beeinflusst die Höhe ihrer Vergütung in mehrfacher Hinsicht: sowohl bei eventuellen leistungs- und erfolgsabhängigen Zusatzvergütungen als auch bei den jährlichen Gehaltsanpassungen geht dies individuelle Leistung in die Vergütungsbemessung ein.
Auch die Angebots- und Nachfragesituation am Arbeitsmarkt und die konjunkturelle Lage übern einen Einfluss auf das Vergütungsniveau der Führungskräfte in Verbänden aus. Auch wenn konjunkturelle Faktoren in Verbandsbetrieben nur vermittelt wirken, ist die Vergütungspolitik der Verbände nicht völlig abgekoppelt von derjenigen in Wirtschaftsunternehmen. In Abhängigkeit von der konjunkturellen Lage und den Angebots-Nachfrage-Relationen am Arbeitsmarkt zeigen sich vor allem bei Neueinstellungen von Führungskräften Unterschiede in der Bereitschaft, höhere Gehaltsforderungen von Bewerbern bzw. bescheidenere Angebote potentieller Arbeitgeber zu Akzeptieren. Gehälter von neu eingestellten Führungskräften lassen aber auch das Gehaltsniveau in den Unternehmen bzw. Verbandbetrieben nicht unbeeinflusst.
Jahresgesamtbezüge (in TDM) der Führungskräfte in Verbandsbetrieben und Unternehmen nach ausgewählten Positionen.
Variable Vergütung
In Verbandsbetrieben haben leistungsabhängige Zusatzvergütungen bei weitem nicht die gleiche Bedeutung wie in Wirtschaftsunternehmen.
Allerdings zeigen sich nach unseren Untersuchungen auch in den Verbänden langsam aber kontinuierlich an Bedeutung gewinnende Ansätze einer Vergütungspolitik, die das Einkommen der Verbandsführungskräfte an Leistung und Erfolg koppelt.
Im Schnitt erhalten zwischen 20 und 25 Prozent der Verbandsmanager eine Variable Komponente mit einem Anteil der Gesamtbezüge von 8 bis 17 Prozent. Das bedeutet, dass bei Erreichung der an die Variable gekoppelten Ziele zwischen 12 und 25 TDM zu dem Grundgehalt hinzu kommen.
Die variable Vergütung birgt für die Personalführung der Verbände große Chancen: Durch die Verbindung von Leistungsfähigkeit und Erfolg der Verbandsbetriebe und der Vergütung der Führungskräfte fördert sie die Identifikation der Verbandsmanager mit den Zielen ihrer Organisation und honoriert besondere Anstrengungen und Leistungen. Dafür bedarf es aber einer auf die Verbandsspezifik ausgerichteten Ausgestaltung.
Die für Unternehmen typischen ertragsorientierten Kenngrößen als Bemessungsgrundlage von Tantiemen kommen für Verbände weniger in Frage. Für die Ausgestaltung einer variablen Zusatzvergütung bietet sich dagegen die sich auch in der Privatwirtschaft immer mehr verbreitende Form eines Bonus an, der - basierend auf dem Konzept "Führen durch Zielvereinbarungen" - an das Erreichen quantitativ oder qualitativ formulierter Ziele anknüpft. Diese Ziele, die zwischen den Führungskräften und ihren Vorgesetzten bzw. den Verbandsorganen zu Jahresbeginn vereinbart werden, leiten sich aus den übergeordneten Zielsetzungen und Aufgaben des Verbandsbetriebes ab und können sich auch auf zeitlich begrenzte Projekte oder Aktionen beziehen. Sie richten sich letztlich immer auf die Verbesserung der Verbandstätigkeit im Interesse der Mitglieder. Ein Vergütungssystem, das hierauf zielt, kann maßgeblich dazu beitragen, die Tätigkeit des hauptamtlichen Verbandsapparates effektiver und effizienter zu gestalten.
Vergütungsvergleich Verbände – Wirtschaftsunternehmen Führungsverantwortung im Sinne der unmittelbaren Personalführung – ein wesentliches Einflusskriterium auf die Höhe der Vergütung – ist in den Verbandsbetrieben nur in geringerem Umfang als in Wirtschaftsunternehmen gegeben. Die Aufgabeninhalte entsprechen in ihrem Wesen häufig eher bestimmten Stabsfunktionen in Wirtschaftsunternehmen wie Direktionsassistent, Marketing, Marktforschung, Werbung, Recht, Ausbildungswesen und Öffentlichkeitsarbeit. Verbände haben allerdings in ihren Funktionen beträchtlichen Spielraum. Dynamische Hauptgeschäftsführer sind oft genug in der Lage, ihr Tätigkeitsfeld und den Aufgabenumfang ihres Verbandbetriebes auszudehnen.
Der Vergleich des Vergütungsniveaus hat dabei nicht nur die absolute Höhe der monetären Vergütung zu berücksichtigen, vielmehr ist zu beachten, dass im Vergleich zu den Verbänden, die Führungskräfte in Unternehmen einen sehr viel höheren Anteil ihres Einkommens in erfolgsabhängiger, also variabler Form beziehen. Die Bestimmung einer Marktgerechten Vergütung ist somit jeweils nur unter Berücksichtigung von Zahlreichen Einzelfaktoren des Aufgabeninhalts und Verantwortungsumfangs der jeweiligen Führungskraft und der verschiedenen Komponenten der Gesamtvergütung zu beurteilen.