Verbändereport AUSGABE 7 / 2006

Wirtschaftliche Aktivitäten von Verbänden

Welche Möglichkeiten hat ein eingetragener Idealverein, Umwandlungen mit Blick auf problematische eigene wirtschaftliche Aktivitäten durchzuführen?

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Dass der eingetragene Verein als Rechtsform letztlich ideelle Tätigkeiten als Vereinszweck voraussetzt und demgemäß wirtschaftliche Aktivitäten nur am Rande duldet, ist zwar seit vielen Jahrzehnten Gesetzesinhalt von § 21 BGB – wurde jedoch in der Praxis mehr und mehr ignoriert. Nicht zuletzt durch die Kolping-Entscheidung des OLG Dresden (Urteil vom 9. August 2005 – siehe Besprechung in -Verbändereport 9/2005 ) und eine beim Bundesjustizministerium ausgearbeitete Vereinsrechtsnovelle (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Vereinsrechts – BMJ vom 25. August 2004) müssen sich die Verantwortlichen in Vereinen diese rechtliche Situation jedoch wieder mehr und mehr vergegenwärtigen. Sollte die Vereinsrechtsnovelle des Bundesjustizministeriums in ihrer derzeitigen Fassung tatsächlich Gesetzeskraft erlangen, so bestünde für viele Verbände praktisch die Notwendigkeit, die eigene Organisationsstruktur neu zu gliedern. Zusammenfassend gilt insoweit: Umfassende wirtschaftliche Aktivitäten, die als Idealvereine organisierte Verbände in großem Stil und nicht in Übereinstimmung mit dem eigenen Satzungszweck durchführen, stellen einen Missbrauch der Rechtsform des eingetragenen Vereins dar und sind problematisch! Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick darüber geben, welche Möglichkeiten ein eingetragener Idealverein hat, Umwandlungen mit Blick auf problematische eigene wirtschaftliche Aktivitäten durchzuführen und wie Umwandlungen in der Praxis ablaufen.

Alternative Gestaltungsmodelle bei Umwandlungen

Eine grundsätzliche Unterscheidung besteht zwischen Umwandlungen, die nach dem eigens dafür geschaffenen Umwandlungsgesetz durchgeführt werden und solchen Umwandlungen, die außerhalb der Regelungen des Umwandlungsgesetzes vereinbart werden.

Generell besteht der Nachteil der Durchführung einer Umwandlung nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes darin, dass hier ein erhöhter formaler Aufwand erforderlich ist. Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz, also Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel, bedürfen bei vielen Einzelschritten der Beteiligung eines Notars wegen der im Umwandlungsgesetz geregelten umfassenden Beurkundungspflichten. Die Vorteile einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz bestehen darin, dass eine – teilweise – Rechtsnachfolge kraft Gesetzes dergestalt stattfindet, so dass etwa Vertragsbeziehungen kraft Gesetzes im Zuge der Umwandlung übergehen, mit der Folge, dass etwa im Falle einer Spaltung der neue Rechtsträger kraft Gesamtrechtsnachfolge Vertragspartner wird, ohne dass der jeweils andere Teil des Vertragspartners hierzu seine Zustimmung geben muss.

Damit bieten sich Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz insbesondere bei komplexeren Fällen an, da der höhere formale Aufwand bei der Durchführung der Umwandlung durch einen niedrigen Aufwand an rechtlichen Vorgängen anlässlich der Umwandlung (Vertragspartnerwechsel, Übernahme von Arbeitnehmern) kompensiert wird.

Demgegenüber sind Umwandlungen außerhalb des Umwandlungsrechtes vom organisatorischen Aufwand her einfacher durchzuführen, da mit Ausnahme rechtsformbedingter Beurkundungspflichten (beispielsweise die notarielle Beurkundung bei Gründung einer GmbH) keine strengen Formvorschriften zu beachten sind. Umwandlungen außerhalb des Umwandlungsgesetzes stellen im häufigsten Praxisfall, nämlich Spaltungsvorgängen, letztlich nur die Übertragung bestimmter Wirtschaftsgüter beziehungsweise Teilbereiche von einem Rechtsträger auf den anderen dar und folgen damit allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen. Allerdings ist in einem solchen Fall keine Rechtsnachfolge kraft Gesetzes gegeben, so dass etwa bestehende Vertragsverhältnisse einzeln unter Einbeziehung des jeweiligen Vertragspartners rechtsgeschäftlich übertragen werden müssen, was insbesondere bei einer Vielzahl von Verträgen, die man in einem Umwandlungsvorgang vorfindet, einen gewissen zeitlichen und auch argumentativen Aufwand nach sich zieht. Zumindest bei wirtschaftlich wichtigen Vorgängen werden nämlich die Vertragspartner, denen ja ein neuer Vertragspartner in Gestalt etwa einer Tochter-GmbH angeboten wird, Nachfragen zu Sinn und Zweck der Transaktion und der eigenen Zustimmungserklärung hierzu haben, die man dann auch überzeugend und schlüssig beantworten muss.

Von daher bieten sich Transaktionen außerhalb des Umwandlungsrechtes besonders in Fällen an, wo kleinere Verbände umgewandelt werden.

Will ein Verband, der vormals in der Rechtsform des Vereins organisiert ist, seine Rechtsform wechseln (Formwechsel), so kommt in einem solchen Fall letztlich nur ein Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz in Betracht, so dass hier keine grundsätzliche alternative Gestaltungsform gegeben ist. Verschmelzungen sollten ebenfalls nach dem Umwandlungsgesetz durchgeführt werden.

Motivationen für Umwandlungen

Neben der oben bereits beschriebenen Problematik einer eigentlich nicht zulässigen großformatigen wirtschaftlichen Aktivität in einem Idealverein kommen auch anderen Motivationslagen für Umwandlungen von Verbänden in Betracht.

Diese können einerseits in einer größeren betriebswirtschaftlichen Transparenz einzelner Geschäftsbereiche liegen, die – naturgemäß – in der gesellschaftsrechtlichen Aufgliederung bestimmter Aktivitäten und der dann gegebenen direkten Zurechenbarkeit von Einnahmenpositionen und Aufwandspositionen in der jeweiligen Einheit zu sehen sind. Allerdings stellen solche betriebswirtschaftlichen Aktivitäten in aller Regel nur einen – erwünschten – Nebeneffekt einer Umwandlung dar, sind jedoch bei nüchterner Betrachtung kaum alleiniger Anlass einer solchen Umwandlung, da sich die betriebswirtschaftliche Transparenz auch auf anderem Wege innerhalb eines Verbandes erreichen lässt.

Eine weitere Motivation ergibt sich aus dem Haftungsrecht. Häufig will man einzelne Vermögensmassen haftungsmäßig dergestalt abschotten, dass etwa beim Betrieb mehrerer Einrichtungen jede einzelne in der Rechtsform der GmbH betrieben wird und damit eine haftungsmäßige Trennung der Vermögensmassen gegeben ist.

In steuerrechtlicher Hinsicht ist insbesondere bei steuerbegünstigten Verbänden zum Teil die Notwendigkeit gegeben, wirtschaftliche Aktivitäten auszugliedern, da diese ab und an nicht mehr in den steuerrechtlich zulässigen Grenzen vollzogen werden können. Insoweit sei etwa für gemeinnützige Verbände exemplarisch auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zur so genannten „Geprägetheorie“ verwiesen, wo die Finanzverwaltung zu dem Ergebnis kommt, wirtschaftliche Aktivitäten dürften einem gemeinnützigen Verband in der Gesamtbetrachtung nicht das Gepräge geben, das heißt Überhand über die steuerlich begünstigten Tätigkeiten nehmen (AEAO zu § 55 Ziffer 2). In einem solchen Fall gibt es Anlass, über Umstrukturierungsmaßnahmen nachzudenken.

Zumindest bei größeren Verbänden sind oft unausgesprochen auch arbeitsrechtliche Zielsetzungen Triebfeder für eine Umwandlung. Gerade die im Verbandsrecht häufig anzutreffenden alt hergebrachten Bindungen an öffentliche Tarifwerke, die hier freiwillig übernommen wurden, führt bei der heutigen Kostenstruktur dazu, dass nach Wegen gesucht wird, solche öffentlichen Tarifwerke zu verlassen. Häufig wird bei Umwandlungen deshalb versucht, Arbeitnehmer, die im Zuge der Umwandlung ihren Arbeitgeber wechseln (neuer Arbeitgeber kann zum Beispiel die Tochter-GmbH sein) auch aus dem öffentlichen Tarifwerk zu entlassen.

Struktur einer Umwandlung außerhalb des Umwandlungsgesetzes

In der Praxis vollziehen sich Spaltungen, in denen etwa ein wirtschaftlicher Teilbereich eines Vereins ausgegliedert wird, regelmäßig durch Gestaltungen außerhalb des Umwandlungsgesetzes. Bei einer Spaltung geht es dem Verein als so genanntem übertragendem Rechtsträger darum, einen Teil seiner Aktivitäten (regelmäßig sind dies die wirtschaftlichen Aktivitäten) auf eine Kapitalgesellschaft zu übertragen und in dieser Rechtsform fortzuführen.

Will also ein eingetragener Verein einen bislang im Verein „betriebenen“ wirtschaftlichen Bereich auf eine Tochterkapitalgesellschaft in der Rechtsform der GmbH übertragen, so sollte in einem ersten Schritt diese GmbH gegründet werden und sodann in einem zweiten Schritt das Vermögen vom Verein auf die GmbH übertragen werden. Dies kann im Wege eines Kaufvertrages oder im Wege einer Schenkung geschehen, was letztlich von den wirtschaftlichen Zielsetzungen abhängt.

Alternativ zu der Bargründung einer Tochter-Kapitalgesellschaft und anschließender schuldrechtlicher Übertragung bestimmter Wirtschaftsgüter kommt auch die Gründung einer GmbH und die Einlage dieser Wirtschaftsgüter im Wege der so genannten Sacheinlage in Betracht. Bei der Gründung durch Sacheinlage wird das zur Dotierung der Stammeinlage notwendige Kapital durch die Wirtschaftsgüter (Sachen!) des bisherigen Vereins aufgebracht. Hierbei sind die gesellschaftsrechtlichen Förmlichkeiten einer Sachgründung (zum Beispiel der Sachgründungsbericht nach § 5 Absatz 4 GmbHG) zu beachten. Die vom Verein auf die GmbH übertragenen Wirtschaftsgüter sind dabei nach Einlagegrundsätzen zu bewerten, sofern die Wirtschaftsgüter insgesamt nicht als Teilbetrieb in Sinne von § 20 UmwStG anzusehen sind. In diesem Fall können die Wirtschaftsgüter, die insgesamt den Teilbetrieb darstellen, zum Buchwert beim Verein entnommen werden.

Die oben beschriebene Alternative in Gestalt der zunächst vorzunehmenden Bargründung der Tochter-GmbH, das heißt der Aufbringung des Stammkapitals im Wege der Bareinlage, führt demgegenüber dazu, dass die Förmlichkeiten einer Sachgründung nicht eingreifen. Hier sollte darauf geachtet werden, dass bei kaufweiser Übertragung der Wirtschaftsgüter vom Verein auf die GmbH der Kaufpreis nicht mit der vorher erbrachten Bareinlage bezahlt wird, da in diesem Falle eine so genannten verdeckte Sachgründung gegeben ist. Dann bestünde die Gefahr, dass der Verein daher auf Dauer gegenüber Dritten in Höhe des Stammkapitals haftet.

Bei dem übertragenden Verein sollte vor der Ausgliederung in der Satzung überprüft werden, ob dort Anpassungsbedarf zum Beispiel mit Blick auf entsprechende Ermächtigungen zur Zulässigkeit der Ausgliederung insgesamt besteht. Zur Begründung einer Tochter-Kapitalgesellschaft bedarf es aber regelmäßig keiner ausdrücklichen Ermächtigung in der Satzung.

In aller Regel stellen allerdings die Übertragung von wesentlichen Vermögensgegenständen Rechtsgeschäfte dar, die im Innenverhältnis eine Beschlussfassung durch die Mitgliederversammlung voraussetzen, was nach hiesigem Dafürhalten bei Ausgliederungsmaßnahmen ohnehin dringend anzuraten ist. Es sollte also in der Mitgliederversammlung der Gesamtkomplex der geplanten Ausgliederung formal beschlossen werden, ein Aspekt, der für die handelnden Vorstandsmitglieder schon aus Haftungsgründen wichtig ist.

(Fortsetzung im nächsten Heft.)

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Autor/in

Ralf Wickert

ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuer- und Arbeitsrecht. Er ist Gesellschafter der Dornbach GmbH Rechtsanwaltsgesellschaft mit den Tätigkeitsschwerpunkten gesellschaftsrechtliche, arbeits- und steuerrechtliche Beratung von Unternehmen und Verbänden. Autor mehrerer Fachbücher, u. a. des Praxishandbuches Verbandsrecht und des Praxishandbuches Datenschutz in Verbänden.

http://www.dornbach.de