Pressemitteilung | Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels e.V. (BTWE)

Der BTWE fordert von der Bundesregierung eine General-Revision ihrer Tabaksteuer-Politik

(Köln) - Die am 1. März 2004 eingeleitete Erhöhung der Tabaksteuer droht zu einem Sterben der Tabakläden zu führen. Der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels (BTWE) rechnet bei einer Umsetzung der geplanten Tabaksteuererhöhungen im Dezember 2004 und März 2005 mit einem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen und Steuerausfällen zum Nachteil der Endverbraucher.

Hintergrund: Die Erhöhung der Tabaksteuer hat als Lenkungsinstrument der Bundesregierung weder die fiskalischen noch die gesundheits- und wirtschaftspolitischen Ziele erreicht. Im Gegenteil – die Tabakbranche geht davon aus, dass nach der aktuellen Entwicklung in diesem Jahr bis zu 1 Mrd. Euro weniger Steuern eingenommen werden als prognostiziert. Im Zweifel sinken die Tabaksteuereinnahmen sogar auf 13 Mrd. Euro und würden dann weit hinter den Einnahmen von 2003 (14,1 Mrd. Euro) und 2 Mrd. Euro unter der ursprünglich im Haushalt eingestellten Steuerschätzung von 15,8 Mrd. Euro liegen.

Fazit: Der Bundesregierung gleitet das Thema Tabaksteuer aus der Hand und alle Wertschöpfungsstufen der Tabakbranche sowie der Endverbraucher müssen die Zeche zahlen. Damit gibt es bei diesem Thema nach Einschätzung des BTWE nur Verlierer. Insbesondere der Fachhandel hat viele Kunden verloren, weil sich der Markt weiter auf die illegale Schiene verlagert. In einer Art Trotzreaktion auf die wiederholten drastischen Steuer- = Preiserhöhungen reagieren viele Verbraucher nicht mit Verbrauchsreduzierung oder Verzicht, sondern weichen auf billigere und im Zweifel auch auf „steuerfreie“ = illegale Ware aus. Mindestens jede 10. Zigarette ist nach Branchenschätzungen Schmuggelware – nach Schätzungen des Zolls ist es sogar bereits jede dritte Zigarette. Hintergrund: 20 Zigaretten einer gehobenen Preisklasse kosten in Deutschland um die 3,60 Euro, in Polen 1,43 Euro und in Russland nur 73 Cent. In Deutschland entfallen 2,18 Euro bei diesem Durchschnittspreis auf die Tabaksteuer. Genauer gesagt sind es 2,175216 Euro.

Nach der EU-Osterweiterung ist es jetzt noch viel leichter geworden, derartige Ware nach Deutschland zu bringen. Dabei ist nicht nur der grenznahe Raum betroffen, sondern nach Informationen der Zollfahndung erweist sich insbesondere Nordrhein-Westfalen zunehmend als wichtigstes Ziel beim Zigarettenschmuggel. Durch die kurzen und schnellen Absatzwege und den idealen Abnehmerkreis als bevölkerungsreiches Bundesland werden derzeit in Nordrhein-Westfalen besonders viele Schmuggelbanden aufgegriffen. Die Tabaksteuererhöhung führt aber nicht nur zu existenzbedrohenden Umsatzrückgängen insbesondere durch den illegalen Vertrieb, sondern hat in der Praxis weitere kuriose wie existenzgefährdende Folgen: Viele Miet- und Pachtverträge sind an den Ladenumsatz gekoppelt. Durch die Tabaksteuererhöhung wird nominal ein höherer Umsatz erzielt, obwohl tatsächlich der Absatz und die Erträge rückgängig sind.

Fazit: Viele Unternehmen zahlen mehr Miete mit weniger Ertrag. Dies betrifft auch die Pächter der bundeseigenen Bahn AG. Zuerst kassiert der Staat mehr Geld von den Bürgern durch die erhöhten Tabaksteuern, zugleich programmiert er Absatzrückgänge und dann profitiert das Bundesunternehmen Bahn von dieser Steuererhöhung auch noch durch höhere Mieten. Aber nicht nur in den betroffenen Unternehmen führt das zu roten Zahlen, auch der Staat kassiert weniger, denn diese Unternehmen zahlen auch weniger Umsatzsteuer, weniger Einkommensteuer und weniger Gewerbesteuer. Zudem tritt der Handel auf Grund des hohen Steueranteils schon jetzt mit bis zu 50 Prozent seines Kapitals permanent in Vorlage bei der Finanzierung der Tabaksteuer. Gerade für kleinere Einzelhändler eine ruinöse Angelegenheit. Konkret: Der Händler muss innerhalb von 48 Stunden nach Lieferung beispielsweise von Zigaretten die Rechnung begleichen und finanziert den Steueranteil (heute ca. 75 Prozent Tabaksteuer/Mehrwertsteuer) aus seiner Tasche. Durch die drohende Vernichtung vieler Facheinzelhandels-Existenzen werden gerade die legalen Vertriebsstrukturen dauerhaft zerstört, die am ehesten einen legalen kontrollierten Verkauf von Tabakwaren – speziell im Sinne des Jugendschutzes – gewährleisten können. Mit der Verdrängung von Marktvolumen in die Illegalität droht die Regierung nicht nur die Kontrolle über Steuereinnahmen und Vertriebswege, sondern auch über die Produktqualität zu verlieren. Denn illegale Strukturen halten sich weder an Jugendschutzbestimmungen noch an EU-Verordnungen über zulässige Inhaltsstoffe. Insgesamt kann man dem Thema Tabaksteuererhöhung nunmehr die Überschrift geben: wirtschaftlich ein Fiasko, fiskalisch ein Flop und gesundheitspolitisch eine Nullnummer.

Daher richtet der BTWE an die Bundesregierung folgende Fragen:

- Wieso wird das bestehende Steuerkonzept nicht auf Grund der aktuellen Entwicklungen ausgesetzt, obwohl die Steuererhöhungen nachweislich zu Steuerausfällen führen?
- Kann sich die Bundesregierung nicht vorstellen, dass auf Sicht mit kontrollierbaren legalen Produktions- und Vertriebsstrukturen sowohl ihre fiskalischen als auch ihre gesundheitspolitischen Ziele besser zu realisieren sind als mit prohibitiven Steuer- = Preiserhöhungen, die den Tabakkonsum
in die Schwarzmarkt-Kriminalität treiben?
Warum wird die Tabaksteuer nicht wie in Schweden marktverträglich reduziert, um ein weiteres Abdriften des Zigarettenkonsums in illegale Vertriebskanäle zu vermeiden und die Tabaksteuereinnahmen wieder zu stabilisieren?
- Warum unterstützt die Bundesregierung nicht den Tabakwareneinzelhandel als Garanten für den legalen und kontrollierten Verkauf von Tabakwaren anstatt ihn durch gravierende Ertragsverluste und zusätzliche Kostenbelastungen existenziell zu bedrohen?
- Wieso nimmt die Bundesregierung Steuerausfälle in Kauf, deren Kompensation letztlich über andere direkte und indirekte Steuern mit zusätzlichen Belastungen der Steuerzahler (Raucher und Nichtraucher) führt?
- Wie will die Bundesregierung den bereits jetzt absehbaren Steuerausfall in Höhe von 2 Mrd. Euro kompensieren?

Das Thema Tabaksteuererhöhung ist aber nur ein Baustein der bereits realisierten oder noch geplanten gesetzgeberischen und politischen Restriktionen aus Berlin und/oder Brüssel, die unsere Branche betreffen. Alle diese Maßnahmen wurden begleitet von Springfluten negativer Berichterstattungen über das Kulturgut Tabak und seines genussvollen und maßvollen Konsums, an dem sich Heerscharen von berufenen und nicht berufenen Institutionen, Organisationen, aber auch Einzelpersonen beteiligt haben und auch zukünftig beteiligen werden. Allein im Internet finden sich unter den entsprechenden Stichwörtern in den Suchmaschinen tausende von Negativschlagzeilen. Das Ergebnis ist, dass die Akzeptanz des Rauchens in der öffentlichen Diskussion mittlerweile fast vollständig in Frage gestellt oder angeprangert wird. Zusammen mit den gesetzgeberischen Bollwerken haben somit die Tabakgegner einen scheinbar undurchdringbaren Belagerungsring um unsere Branche gelegt, der fast täglich nachgerüstet wird. Auch die Sprachwahl ist keiner Zensur ausgesetzt, so dass die Staatssekretärin Marion Caspers-Merk beispielsweise von „legalen Drogen“ reden kann, wenn sie über Tabakprodukte spricht.

Um aus diesem stetig wachsenden Belagerungsring herauszukommen, reicht nach BTWE-Meinung reiner Verbands-Lobbyismus allein nicht mehr aus. Vielmehr müssen wir in einer gemeinsam offensiv gestalteten, gesellschaftspolitischen Brancheninitiative ein ganzes Maßnahmenbündel starten, um im Interesse unserer Branche eine flächendeckende, öffentliche Diskussion über die Akzeptanz des Rauchens erwachsener, verantwortungsbewusster Genussraucher in unserer Gesellschaft zu initiieren.

Die Tabakbranche muss sich daher folgende Fragen in diesem Zusammenhang stellen:

- Können wir uns erlauben, dass politische Entscheidungsträger ohne permanente Übermittlung von seriösen Daten und Fakten aus unserer Branche mittels unterschiedlicher Kommunikationsmittel Entscheidungen treffen, die unsere Existenzen bedrohen?
- Können wir uns erlauben, dass der Tabakwaren-Fachhandel täglich mit Hunderttausenden von Kunden im Kontakt steht, ohne regelmäßig aufbereitetes, seriöses Informations-, Zahlen- und Argumentationsmaterial auch aus der Industrie zu den Vorwürfen, Attacken und Gesetzesauflagen gegenüber unserer Branche für seine Kundengespräche zu erhalten?
- Immerhin sind unsere Betriebe täglich auch ein Marktplatz für gesellschaftspolitische Zeitgeistthemen.
- Können wir es uns erlauben, dass die Akzeptanz des Rauchens in der Gesellschaft von jedermann in Frage gestellt werden darf, mit der Konsequenz, dass die Existenz unserer Unternehmen in Kürze auf dem Spiel steht? Die Tabakgegner haben hier in der Vergangenheit mit ihrer ständigen „Berieselung“ mehr Erfolge zu verzeichnen, als wir mit unserer vornehmen Zurückhaltung.
- Müssen wir nicht in engem Schulterschluss mit dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft eine Aufklärungskampagne starten, welche die populistisch gerne verbreiteten falschen Aussagen über Wirkungszusammenhänge zwischen Werbung und dem Ausmaß, in dem Genussmittel konsumiert werden, zu konterkarieren? Werbung für Zigaretten führt eben nicht zu vielen Rauchern und Werbung für Süßigkeiten eben nicht zu unerwünschter Fettlebigkeit.
- Müssen sich nicht auch die Medien insgesamt stärker gegen die drohenden Werbe- und Kommunikationsverbote wehren, die praktisch auf eine neue Art von Zensur hinauslaufen?
- Sollten wir nicht den Versuch unternehmen, mit den Verbraucherorganisationen ins Gespräch zu kommen, um zu verdeutlichen, dass die Europäische Union auf dem besten Weg ist, den Verbraucher als ausgemachten Trottel zu definieren, der keinerlei Erfahrung mit Werbung hat und der daher vor sich selbst geschützt werden muss.

Ansonsten käme der Verbraucher – folgt man den jüngsten Aktivitäten aus Brüssel – möglicherweise bei trüber Stimmung auf die Idee, beispielsweise gläserweise schokoladenhaltigen Brotaufstrich in sich hineinzulöffeln, weil ein Werbespot behauptet, dieser sei „gut für die Seele“. Der Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels ist die berufspolitische und fachliche Interessenvertretung des Tabakwaren-Fachhandels in Deutschland.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesverband des Tabakwaren-Einzelhandels e.V. (BTWE) Am Lyskirchen 14, 50676 Köln Telefon: 0221/271660, Telefax: 0221/2716620

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