Pressemitteilung | Verband der Fertigwarenimporteure e.V. (VFI)

Präferenzvorschlag der EU für 2002 bis 2004 fehlen neue Impulse

(Hamburg) - Der soeben veröffentlichte Vorschlag der EU-Kommission zur Überarbeitung des Zollpräferenzschemas für Einfuhren aus Entwicklungsländern in den Jahren 2002 bis 2004 enttäuscht. Eine erhoffte Analogie zur Handelsliberalisierung im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) bei der Reform des europäischen Präferenzschemas bleibt mit dem jetzt vorgelegten Vorschlag aus. Eine mutige perspektivische Überarbeitung des Präferenzvorschlages für die Jahre 2002 bis 2004 und die dann nachfolgende Dekade ist nach Auffassung des VFI, einem Zusammenschluss von über 250 Importunternehmen und verwandten Firmen entwicklungspolitisch geboten und wirtschaftlich - gemessen an den bisherigen Zugeständnissen der EU gegenüber anderen Regionen des Welthandels - vertretbar.

Der entwicklungspolitische Ansatz der seit 1971 gewährten und zwischenzeitlich mehrfach überarbeiteten Regelung zur Gewährung von Zollfreiheit oder -vergünstigung für Waren aus Entwicklungsländern lag darin, dass diese Staaten mit ihren standortbedingten Nachteilen generell nicht zusätzlich noch mit der Überwindung der Zollhürden der EU belastet werden sollten. Hiervon gab es allerdings zahlreiche Abweichungen. Einigen Lieferländern wurden die Präferenzen ganz gestrichen, anderen zumindest für einzelne Waren. Komplizierte Präferenzursprungsregeln fanden Anwendung, insbesondere bei Textilwaren. Es gab 4 Warenlisten mit unterschiedlichen Zollsenkungssätzen und Sonderanreize für Länder mit Drogenbekämpfung oder Einhaltung von Sozialnormen. Erst jüngst wurde im Rahmen der Initiative "Everything but Arms" bei Beibehaltung der strengen Ursprungsregelungen 49 ärmsten Ländern völlige Zollfreiheit für ihre Produkte zugesagt.

Der neueste Vorschlag aus Brüssel bringt dieses entwicklungspolitische Thema nicht mehr recht voran. Die Kommission hält weiter an den Regeln zu Drogenbekämpfung beziehungsweise Einhaltung von Sozialnormen fest, obwohl sie beide in der Vergangenheit ohne jede Auswirkung auf Ausweitung von Präferenzinanspruchnahme waren, der Vorschlag steht nicht im Einklang mit entwicklungspolitischer Verantwortung der EU oder mit Gewährung von Gleichheit im internationalen Wettbewerb, er überfordert weiterhin Entwicklungsländer mit dem zu kompliziert geregelten Ursprungsthema und gibt einigen der begünstigten Staaten keine realistische Marktperspektive in Europa für die Zeit ab 2005.

So wird die EU ihrer entwicklungspolitischen Verantwortung nicht gerecht, wenn für alle als sensibel eingestuften Waren die Drittlandszölle nur um 3,5 %-Punkte gesenkt werden sollen. Die Regelzollhürde wird damit zwar niedriger, aber eben nur sehr wenig. Der Satz müsste deutlich erhöht und zudem auch in den verbleibenden drei Jahren weiter gegen Null geführt werden, um diesen Ländern langfristige Handelschancen einzuräumen. Und das Angebot, nur die sich nach dieser Subtraktion ergebenden Zölle von weniger als 1 % ganz auszusetzen, ist ebenfalls eher unbefriedigend. Die Minimalschwelle sollte schon bei 3 % liegen.

Gleichheit im Wettbewerb ist für Entwicklungsländer nicht gegeben, wenn die EU den Mitgliedern des EWR, den mittel- und osteuropäischen Ländern, den Mittelmeeranrainern und den AKP-Staaten, gleichzeitig also entwickelten Staaten wie auch Entwicklungsländern, für ihre Erzeugnisse Zollfreiheit gewährt, den übrigen hiervon nicht betroffenen Entwicklungsländern nicht oder nur eingeschränkt. Nicht nur werden Entwicklungsländer untereinander unterschiedlich behandelt, die Zollnachteile werden für einige von ihnen - wie zum Beispiel für Afganistan, Bangladesch, Nepal, Bhutan, Myanmar, Laos und Kambodscha - sogar wettbewerbsschädlich festgeschrieben. Abbau und nicht Festschreibung dieser Zollschranken müsste das Gebot zur Schaffung vergleichbarer Wettbewerbschancen für Entwicklungsländer sein.

Die strengen Präferenzursprungsregeln verhindern in zahlreichen Fällen, besonders bei Textilwaren, die Inanspruchnahme der unterschiedlich großen Zollvorteile. Nachdem die EU vor wenigen Jahren die Regeln so geändert hatte, dass jedes Land präferenzunschädlich für die Herstellung von Wirk- und Strickwaren neuerdings auch importierte Garne einsetzen durfte, fehlt im neuen Entwurf eine Entsprechung für den Einsatz von eingeführten Geweben bei der Produktion von gewebter Bekleidung. Noch besser wäre eine Ursprungsregelung, nach der künftig nicht nur beschränkt auf Textilwaren mit durch Be- oder Verarbeitung von Waren erreichtem Tarifsprung bereits ausnahmslos Präferenzursprung entsteht.

Der Kommissionsvorschlag lässt völlig offen, wie die Position der Entwicklungsländer gerade auf dem wichtigen Textil- und Bekleidungssektor nach der weltweiten Liberalisierung mit Beginn des Jahres 2005 werden soll. Die bisherigen "Besitzstände" des bisher weltweit greifenden Textilregimes der EU werden dann Vergangenheit sein und die Entwicklungsländer, denen heute mit einer nur zaghaften Präferenzreform kein oder kaum ein Zukunftszugeständnis gemacht wird, werden dann noch weniger Chancen als zur Zeit für eine befriedigende Beteiligung am Welthandel haben.

Der VFI sieht bei gutem Willen der EU noch ausreichend Zeit, bis zum Herbst 2001 eine derartige Ausweitung des Präferenzvorschlages auszuarbeiten und zu verabschieden.

Quelle und Kontaktadresse:
Verband der Fertigwarenimporteure e.V. (VFI) Kanalstr. 7 22085 Hamburg Telefon: 040/2388200 Telefax: 040/23882020

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