Verbändereport AUSGABE 1 / 2024

Zeitenwende? Zeitenwende!

Spannende Ergebnisse der DGVM-Jahresumfrage 2024

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Digitalisierung weiterhin mit vielen Chancen, Personalsituation beruhigt sich, Kommunikation nach innen und nach außen als wichtige Aufgabe in 2024.

Wenn man einen Artikel mit dem Titel „Zeitenwende“ überschreibt, ist das durchaus ein großer Begriff. Laut Wikipedia beschreibt er nicht weniger als den „Beginn einer neuen Ära“. Und damit trifft er genau das, was aktuell in den Verbänden passiert. Denn Tatsache ist – es gibt keinen Verband, der 2024 noch so arbeitet, wie er es 2019 getan hat.

Die Digitalisierung, das veränderte Medien- und Kommunikationsverhalten, ein anderes Arbeitsverständnis, die permanenten Krisensituationen mit all ihren Herausforderungen – es gibt viele Faktoren, die zu dieser Zeitenwende in den Verbänden geführt haben.

So unterschiedlich die Verbände in ihren Themen auch sind, so berichten doch alle von Veränderungen in ihren Organisationen – gestern, heute, morgen. 

„Mit einer lebendigen, schlagkräftig aufgestellten Organisation Gehör und Zuspruch für seine Themen und Angebote finden und damit attraktiv und relevant für alte und neue Mitglieder sein“, so in etwa könnte man die Zielsetzung zusammenfassen.

Das Verbandsmindset: Flexibilität, ANpassungs­fähigkeit und Wille zur Weiterentwicklung

Die DGVM-Jahresumfrage 2024 zeigt, dass sich in den Verbänden dazu ein Mindset etabliert hat, das kontinuierlich Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft zur Weiterentwicklung fördert.

Die Angst, dass das eigene verbandliche Geschäftsmodell durch digitale Angebote disruptiv sein könnte, ist längst der Erkenntnis gewichen, dass man als Verband die Karten selber in der Hand hält, um seine Zukunft erfolgreich zu gestalten. „Nicht die Großen fressen die Kleinen, sondern die Schnellen überholen die Langsamen.“ Diese alte Weisheit scheinen sich die Verbände verinnerlicht zu haben.

Auf dieses Selbstverständnis darf jeder Verband ausgesprochen stolz sein, denn Agilität und Schnelligkeit sind Eigenschaften, die den Verbänden in den vergangenen Jahrzehnten nicht explizit zugeschrieben wurden. Schon in der Vorjahrsbefragung war spürbar, dass die Verbände den krisengetriebenen Wandel angenommen haben und sich für ihre Mitglieder als Macher und Gestalter sehen.

Das ist auch gut so, denn weiterhin liegen herausfordernde Zeiten vor allen Verbänden und ihren Mitgliedern. Um die großen Themen angehen zu können, wird bei vielen noch an den Rahmenbedingungen und Werkzeugen gearbeitet. Dazu gehören der Ausbau und die Nutzung von neuen Technologien sowie die Optimierung des Verbandsapparates. Nach wie vor fällt auf, dass allerorts die Strukturen der Organisationen überdacht und angepasst werden. Sie sollen schlanker und schlagkräftiger werden, Verantwortlichkeiten klar geregelt werden, damit Entscheidungen schneller fallen können.

Wichtig sind außerdem die verbandlichen Kommunikationswege. Derer gibt es einige. Nach innen wie nach außen müssen sie dringend besser konzertiert und kanalisiert werden – sie sollen stets auf die Verbandsziele einzahlen und ihre Zielgruppen erreichen. Statt einer Kommunikationsflut ist eine neue Effizienz gefragt, bei möglichst hoher Sichtbarkeit.

Neue Ideen braucht es auch für die Finanzierung der Verbandsarbeit. Dazu gehört das Halten und Werben von Mitgliedern ebenso wie die Identifikation alternativer Finanzierungsmöglichkeiten. Es gibt neue Mitglieds-, Beitrags- und Geschäftsmodelle. Der Ruf nach Zweit- und Drittmitteln kommt nicht nur aus dem gemeinnützigen Bereich. Oft geäußert wird ebenso der Wunsch, der Staat möge das Ehrenamt mehr fördern und damit attraktiver machen.

Zentrale Verbandsaufgabe: Das Ehrenamt und die Mitglieder begeistern

Viele Verbände spüren Veränderungen im Bereich der Mitglieder und im Ehrenamt. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer mehr Menschen, die traditionell mit „ihrem“ Verband stark verbunden sind und sich hier engagieren, aus dem Berufsleben ausscheiden und einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Dies betrifft sowohl Personenverbände, Wirtschaftsverbände als auch Sport- und Freizeitverbände. Verbände wie der bdvb – Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte möchten und müssen „Begeisterung für das Ehrenamt schaffen“, so der Bundesgeschäftsführer Daniel Gerhards.

Es ist spannend zu sehen, wie Verbände mit der Herausforderung umgehen. Gibt es Konzepte, um diese Menschen weiterhin am Verband zu beteiligen? Geht es mit neuen Köpfen wie gewohnt weiter oder ist es Zeit für eine Neuaufstellung? Funktionieren bewährte Angebote und Mehrwerte, um neue Mitglieder zu begeistern? Oder gilt es, alte Zöpfe abzuschneiden? Und überhaupt, wie gewinnt man neue Mitglieder?

Hier braucht es in den Verbänden das neue Mindset, eine Offenheit für Veränderung, ein waches Gespür für Menschen, ihre Bedürfnisse und neue Themen. Was soll der Verband für sie sein? Wofür steht er? Und wie kann er sich damit sichtbar positionieren?

„Wir planen besondere Netzwerkveranstaltungen, wie ein Strategietreffen unserer Mitglieder auf Mallorca. Eine besondere Innovation ist das talents4TAX-Festival am 19. September 2024 in Berlin“, berichtet Dr. George Alexander Wolf, Hauptgeschäftsführer des Steuerberaterverbands Niedersachsen Sachsen-Anhalt. Auch Alexander Wiech, Mitglied der Bundesgeschäftsführung bei Haus & Grund Deutschland, setzt 2024 auf neue Formate: „Wir werden eine langjährige verbandsinterne Netzwerk- und Fortbildungskonferenz vollkommen neu aufstellen.“

Andere Verbände, wie die AVK – Industrievereinigung Verstärkte Kunststoffe e. V., werden ihre (Online-)Weiterbildungsangebote diversifizieren. Oder neue digitale Angebote schaffen, wie die Sektion Oberland des Deutschen Alpenvereins e. V. mit dem digitalen Mitgliedsausweis in einer App.

Und auch der Deutsche Modellflieger Verband e. V. (DMFV) erweitert das digitale Spektrum. „Die Hauptinnovation unseres Verbandes im Jahr 2024 ist die Etablierung unserer Smartphone-Applikation ‚flyDMFV‘, die den Betreibern von Flugmodellen rechtssichere Auskunft über Flugbeschränkungen am Pilotenstandort gibt, den Piloten digital sichtbar macht und das analoge Flugbuch ersetzt. Ein echter Quantensprung!“, meint Generalsekretär Hans Ulrich Hochgeschurz.

Mehr Sichtbarkeit schaffen steht im diesjährigen Mittelpunkt bei der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management e. V. (DDIM). „Im Jahr 2024 liegt der Fokus auf der Verstärkung der politischen Arbeit sowie der eigenen Außendarstellung. Hierzu planen wir eine Erweiterung unseres Lobbynetzwerkes sowie die Nutzung neuer technischer Möglichkeiten in der Webseitengestaltung“, berichtet Geschäftsstellenleiter Michael Stechert.

Netzwerken, Austausch und Begegnung: Wichtig ist der Faktor Mensch

Die rechtzeitige und richtige Priorisierung zentraler Zukunftsthemen zahlt sich für die Verbände aus, auch das zeigt die diesjährige Befragung. Denn die Verbände, die hier schon früh die Weichen gestellt haben, sind bereits erfolgreich unterwegs. Neben der gut aufgestellten Verbandsorganisation und dem hohen Digitalisierungsgrad fällt auf, dass sie oft auch innovative Arbeitsweisen für das gemeinsame Arbeiten von Haupt- und Ehrenamt etabliert haben.

Es ist der Faktor Mensch – ob als Mitarbeitender oder als Mitglied – der Verbände zu etwas Besonderem macht. „Wir freuen uns auf viele Begegnungen und Gespräche mit unseren Mitgliedern. Diese sind bereichernd und wichtig, denn oft stecken Lösungen für vermeintliche Probleme unserer Mitglieder in den Köpfen anderer Mitglieder, die Erfahrungen haben“, so Axel Schäfer vom Bundesverband Betriebliche Mobilität.

Nach Pandemie und Stillstand stehen zumeist persönliches Netzwerken, Austausch und Begegnung im Fokus, auch um den Verband erlebbar zu machen. „Vor allem freue ich mich, dass (…) nun wieder ein volles Wettbewerbsprogramm auf dem Kalender steht. Wir alle sind gespannt auf die persönlichen Kontakte zu alten Bekannten und neuen Akteuren. Ich freue mich persönlich auch darauf, dass unsere neu gegründete Jugendorganisation JUMP! Junge Modellpiloten nun endlich zeigen kann, welches Potenzial wirklich in ihr steckt“, fasst Hans Ulrich Hochgeschurz zusammen. Und auch Dr. Sabine Eichner, Geschäftsführerin vom Deutschen Tiefkühlinstitut, freut sich in diesem Jahr besonders „auf den spannenden Austausch mit unseren Mitgliedern, die Zusammenarbeit in unseren Arbeitskreisen und bei unseren Projekten – und nicht zu vergessen unser großartiges Branchenevent TIEFKÜHLTAGUNG in Berlin“.

Wer es jetzt schafft, dass Haupt- und Ehrenamt gemeinsam zielgerichtet am Verbandserfolg arbeiten, legt womöglich den entscheidenden Baustein, um voller Zuversicht in die Zukunft schauen zu können. „Dank der Zusammenarbeit in einem hoch motivierten Team und dem Engagement unserer zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeiter blicke ich äußerst positiv auf das Jahr 2024. Uns erwarten viele spannende Projekte, die für Abwechslung und Begeisterung sorgen werden“, meint auch Birgit Mele, Stellvertretende Geschäftsführerin der DOG Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft e. V.

Damit heißen wir Sie willkommen in der Zeitenwende! Andreas Mohr vom Deutschen Alpenverein formuliert es so: „Es bleibt spannend – wie jedes Jahr!“ Und ergänzt: „Die in den vergangenen Jahren erfolgreich entwickelten Neuerungen im Bereich der Digitalisierung unseres gesamten Vereins, aber auch die Etablierung unseres neuen Ehrenamts in Form von ‚Hybriden Teams‘ fordern uns so sehr, wie sie uns die gemeinsame Arbeit erleichtern. Es gilt, unsere ehrenamtlichen wie hauptberuflichen Leistungsträger abzuholen, die bestehenden Prozesse zu evaluieren und nachzuschärfen. Eine wunderbare Aufgabe!“

Top-Trend 1: Digitalisierung und neue Technologien weiter ausbauen

Dass die Digitalisierung für die Arbeit in den Geschäftsstellen und die Verbandsorganisation ein Segen ist, zeigt sich klar in den Ergebnissen. 74,2 Prozent voten diesen Punkt unter ihre Top 5 der Verbandsarbeit 2024 – und auch die Verbände, die das Thema nicht nach vorne rücken, lassen durchblicken, dass sie hier ihre Hausaufgaben bereits gemacht haben und sie sich deshalb vorrangig anderen Themen widmen können.

Als wahre Heilsbringer zeigen sich ganzheitliche Verbands-CRM, die Mitgliedschaften und Arbeitsabläufe und -prozesse perfekt abbilden und den Zugriff auf die Verbandsdaten von überall ermöglichen. Auch das gemeinsame Online-Arbeiten möchte niemand mehr missen, besonders weil es auch Chancen birgt, das Ehrenamt mit in die aktive Arbeit einzubeziehen.

Spannend sind außerdem die vielen Möglichkeiten durch neue Technologien wie künstliche Intelligenz, z. B. Chat-GPT. Sie wird von den Verbänden eingesetzt bei Such- und Recherchearbeiten, bei Serviceleistungen oder für die Erstellung von Texten und die Optimierung der Webseiten.

Wie im Vorjahr steht auch das Thema Mitgliederkommunikation bei 64,5 Prozent oben auf der Agenda. Es gilt noch viel nachzuholen bei persönlichen Kontakten. Und auch neue Mitglieder müssen gewonnen werden. Hierbei muss vieles neu gedacht werden. Gerade die Ansprache und die Überzeugung von jungen Menschen sind eng verzahnt mit dem Thema Verbandskommunikation, das mit 58,1 Prozent auf Platz 3 liegt. Für Verbände wird es immer wichtiger, mit ihren Botschaften und Aktivitäten auf den Radar von potenziellen neuen Mitgliedern zu kommen. Dazu gehören die richtigen Formate und die richtigen Kanäle.

Personalsituation entspannt sich – Homeoffice ist nicht mehr wegzudenken

Was sich erfreulicherweise entspannt hat, ist die Situation rund um die Personalgewinnung für das Hauptamt. Nur noch 12,9 Prozent sehen dies als vorrangige Herausforderung in 2024.

Ein Geheimnis hierfür scheinen flexible Arbeitsmodelle und großzügige Homeoffice-Regelungen in den Verbänden zu sein. Die Kienbaum-Studie zur Vergütung in den Verbänden, die 2023 mit der DGVM durchgeführt wurde, hatte bereits gezeigt, dass praktisch alle Verbände solche Regelungen vorsehen und sie dieses Thema auch recht unaufgeregt umsetzen.

Mittlerweile fest in der Verbandsarbeit verankert, ist das Thema Nachhaltigkeit. So überrascht es nicht, dass es „nur“ bei einem Drittel der Verbände unter die Top 5 kommt. Hier haben viele Verbände in den letzten Jahren wertvolle Basisarbeit geleistet, die bereits Früchte trägt.

Und dann ist da noch die Politik

Ausnahmslos kritische Stimmen gibt es rund um das Thema Politik. Nur wenige Verbände berichten, dass sie sich Gehör verschaffen konnten. Die Mehrheit konstatiert, dass ihre Expertise nicht oder viel zu kurzfristig eingeholt wird. Auch die mangelnde Belastbarkeit von Aussagen aus Politik und Verwaltung wird kritisiert.

Zeitenwende Fokusthema beim Deutschen Verbändekongress am 2./3.09.2024

Alles in allem bringt die DGVM-Umfrage 2024 spannende Erkenntnisse, die zeigen, dass das eingangs beschriebene zentrale Veränderungs-Mindset mit kontinuierlicher Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und der Bereitschaft zur Weiterentwicklung als Grundlage bereits zeitgemäße Strukturen und technologische Voraussetzungen braucht. Doch bei all der Beschäftigung mit der eigenen Organisation darf das Mitglied nicht aus dem Fokus rücken … denn die Verbindung von Wissen und Wärme wird immer ein zentraler USP in der Verbandswelt sein.

Wie Verbände Zukunft gestalten – ihre eigene und die von uns allen – wird im Mittelpunkt des diesjährigen 19. Deutschen Verbändekongresses stehen. Am 2./3. September wird er in der Historischen Stadthalle in Wuppertal stattfinden. Sie bietet für das Thema „Zeitenwende!“ nicht nur ein atemberaubendes Ambiente, sondern auch ideale räumliche Voraussetzungen für ein neues Kongresskonzept mit großzügigen Themenwelten zu den vielen, verschiedenen Aspekten der Zeitenwende und damit perfekte Bedingungen, um den Wissens- und Erfahrungsaustausch unter den Verbänden zu fördern.

Freuen Sie sich auf informative Einblicke aus und in die Verbandswelt – und natürlich den Höhepunkt: Die Ehrung der Preisträger/innen des DGVM INNOVATION AWARD „Verband des Jahres 2024“.

Zur DGVM-Jahresumfrage 2024

Hinweis: Die Umfrage wurde in Kooperation mit dem Verbändereport erstellt. Der Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die Inhalte dienen ausschließlich zur individuellen Information des Nutzers. Eine Speicherung in Datenbanken sowie jegliche Weitergabe an Dritte im Rahmen gewerblicher Nutzung oder zur gewerblichen Nutzung sind nur mit schriftlicher Genehmigung gestattet.

(JG/KS)

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