Pressemitteilung |

Staatliches Steuerinteresse rechtfertigt nicht "gläsernen Arbeitnehmer"

(Hamburg) - Die stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), Ursula Konitzer, hat sich am 20. Juli gemeinsam mit dem Kooperationsbüro "multimedia + arbeitswelt" der Gewerkschaften DAG, DPG, HBV und IG Medien an Bundesfinanzminister Hans Eichel gewandt und für den Schutz persönlicher Arbeitnehmerdaten geworben. Anlass ist die Absicht des Finanzministeriums, die private Internet- und Telefonnutzung am Arbeitsplatz in aufwendigen Verfahren zu besteuern.

"Die von Ihrem Haus geplanten Regelungen passen nicht in ein Zeitalter, in dem die Arbeitswelt immer mehr durch Ergebnisorientierung sowie eine neue Vertrauenskultur und immer weniger durch Kontrolle und strenge Arbeitszeit- und Verhaltensregime reglementiert wird", schreibt Konitzer an Eichel.

Das Kooperationsbüro "multimedia + arbeitswelt" bezeichnet die geplante Regelung als nicht zeitgemäß, ungerechtfertigt und als einen eklatanten Eingriff in die Persönlichkeitsrechte sowohl der Arbeitnehmer als auch der Angerufenen. "Die Vorgabe, einen Nachweis zu führen durch die Erhebung von Datum, Uhrzeit und Dauer der betrieblichen und privaten Nutzung des Internets sowie eine Aufzeichnung über die jeweils konkrete Veranlassung für die Nutzung der Internetadresse zu verlangen, wäre aus Sicht des Büros praxisfremd und gegen die verfassungsrechtlich geschützten Rechte auf informationelle Selbstbestimmung gerichtet", kritisiert die Gewerkschafterin.

Die Befürchtung, dass die Regelung allenfalls dazu geeignet wäre, Skepsis und Ablehnung von Arbeitnehmern gegenüber Online-Anwendungen zu stärken, teilt auch der Frankfurter Datenschutzexperte, Prof. Dr. Peter Wedde.

In einer vorläufigen Expertise zum geplanten Regelwerk spricht er von schweren verfassungsrechtlichen Bedenken und führt aus, dass der Regelungsentwurf im Widerspruch zum engen Zweckbindungsgrundsatz des Bundesdatenschutzgesetzes stünde. Wedde befürchtet "aus kollektivrechtlicher Sicht würde die geplante Neuregelung eine unüberschaubare Zahl von Betriebs- und Dienstvereinbarungen sowie Tarifverträgen konterkarieren", die mit fein austarierten Regelwerken festlegen, "dass Arbeitgeber gerade nicht automatisch und vollständig erfahren sollen, mit wem es wann welche dienstlichen Kontakte gegeben hat oder welche Internet-Seite wann aufgerufen worden ist". Käme es zu der Neuregelung, würde beispielsweise – ohne dass ein Angerufener davon weiß - das Finanzamt Kenntnis davon erhalten, dass es Telefonkontakte zu einem Abschreibungsexperten gibt.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, Pressestelle, Tel.: (040) 34 91 53 04, Verantwortlich: Dipl.-Pol. Ingo Schwope, Johannes-Brahms-Platz 1, 20355 Hamburg Weitere Informationen: http://www.multimediabuero.de und beim Datenschutzexperten des Kooperationsbüros "multimedia + arbeitswelt", Peter Gallner, Tel. (069) 66 95-33 10

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