Pressemitteilung | Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju)

Umfrageergebnis: dju-Mitglieder befürchten weitere staatliche Einschüchterung und Druck auf Informanten / dju in ver.di fordert Bundesregierung zum Schutz der Pressefreiheit auf

(Berlin) - Die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union fordert die Bundesregierung auf, konkrete Schritte zum Schutz der Presse- und Informationsfreiheit zu unternehmen und die politischen Rahmenbedingungen für die Arbeit von Journalistinnen und Journalisten nachhaltig und spürbar zu verbessern. Eine Blitz-Umfrage unter den dju-Mitgliedern nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen zwei Kollegen von Netzpolitik.org habe ergeben, dass mehr als 90 Prozent der über 800 Teilnehmenden weitere Einschüchterungsversuche von Seiten staatlicher Institutionen gegen Journalistinnen und Journalisten befürchten. Fast genauso viele (86 Prozent) erwarten, dass der Druck auf mögliche Informanten in Behörden und Unternehmen steigen wird, Missstände nicht aufzudecken.

"Die Umfrageergebnisse sind erschreckend. Sie dokumentieren, wie stark das Vertrauen unter unseren Kolleginnen und Kollegen in die Aufgabe des Staates, die im Grundgesetz verankerte Pressefreiheit zu schützen, erschüttert ist", sagte dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß. Lippenbekenntnisse von Ministern reichten nicht aus, dieses Vertrauen wieder her zu stellen. Als erstes sei daher das Verfahren gegen Netzpolitik.org sofort einzustellen und der Tatbestand des Landesverrats dahin gehend zu reformieren, dass Presse und Rundfunk künftig von entsprechenden Ermittlungen ausgenommen blieben. Außerdem müssten die Spähaktivitäten von in- und ausländischen Geheimdiensten gegenüber Journalistinnen und Journalisten sofort gestoppt und bereits bekannte Spionagetätigkeiten gegenüber den Medien aufgearbeitet werden:"Selbst nachdem bekannt wurde, dass das Nachrichtenmagazin der Spiegel, Gespräche mit Informanten und möglicherweise auch andere Medien von der NSA ausspioniert wurden, stellen sich Bundeskanzlerin Merkel, ihr Kabinett und die deutsche Justiz blind und taub. Dieses Verhalten schadet der Arbeit der Journalistinnen und Journalisten nachhaltig. Wir erwarten, dass die Bundesregierung endlich Maßnahmen einleitet, um die Arbeit der Medien vor Spähaktivitäten zu schützen, statt wie durch das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung die Sammlung von sensiblen Daten noch zu erleichtern", forderte Haß.

Auch beim Thema Auskunftsrechte gebe es dringenden Handlungsbedarf. So gebe es derzeit wegen eines Urteils des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 keinen geregelten Anspruch auf Informationen über die Arbeit der mehr als 100 Bundesbehörden, zu denen unter anderem auch der Bundesnachrichtendienst (BND) gehöre: "In der letzten Legislaturperiode hat die SPD noch einen Gesetzentwurf für ein Bundespresseauskunftsgesetz vorgelegt, der offenbar jetzt in einer fest verschlossenen Schublade liegt. Diese Schublade muss geöffnet werden, auch wenn es für eine Regierung bequem sein mag, wenn sie keine Transparenz über ihr Handeln schaffen muss. Demokratischen Standards entspricht das nicht: Die Bürgerinnen und Bürger haben einen Anspruch auf mehr Einblick darüber, was ihre Regierung tut. Es ist ureigene Aufgabe der Medien, dieses Wissen frei erlangen zu können, verantwortlich auszuwerten und der Öffentlichkeit zu vermitteln. Die Regierung muss die gesetzlichen Weichen dafür stellen", erklärte Haß.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di (dju), Bundesgeschäftsstelle Cornelia Haß, Bundesgeschäftsführerin Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin Telefon: (030) 69560, Fax: (030) 69563657

(sa)

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