Pressemitteilung | Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)

Initiative überfällig und nicht ausreichend / GEW zur Bund-Länder-Initiative der Bundesbildungsministerin: Halbierung der Schulabgänger ohne Abschluss in den nächsten fünf Jahren

(Frankfurt) - Mit den Worten „diese Initiative ist längst überfällig“ begrüßte die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) die Ankündigung von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), gemeinsam mit den Ländern die Zahl der Schulabbrecher in den nächsten fünf Jahren halbieren zu wollen. Allerdings sei sie „gespannt wie ein Flitzebogen“, wie die Länder auf diesen Vorstoß von Bundesebene reagierten. „Bekanntlich werden die Bundesländer ja nicht müde, auf ihre Zuständigkeit in schulischen Fragen zu pochen“, so Demmer. Zu Zeiten der früheren sozialdemokratischen Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn hätte solches Vorgehen „auf jeden Fall zu einem Proteststurm geführt“. Vor allem hoffe sie, dass „das Ganze nicht bloß eine Schauveranstaltung wird, um während der Ratspräsidentschaft vor der europäischen Öffentlichkeit einen guten Eindruck zu machen“.

Demmer mahnte an, das grundsätzliche Problem der Anerkennung von Hauptschulabschlüssen nicht aus den Augen zu verlieren. „Hauptschüler haben nur geringe Chancen, einen Ausbildungsplatz zu ergattern, weil ihre Abschlüsse in Augen der Wirtschaft nichts mehr wert sind“, erklärte Demmer.

Es sei deshalb nicht weniger wichtig, eine Initiative für eine deutliche Steigerung beim mittleren Schulabschluss und beim Abitur zu ergreifen

Gespannt sei sie auch, so die Vize-Vorsitzende der GEW, wie Bund und Länder eine solche Initiative praktisch gestalten wollen und wie sie überprüfen wollen, ob sie die Ziele erreichen. Die Unterschiede in den Ländern seien nämlich „erheblich“. Die Quote der Schulentlassenen ohne Hauptschulabschluss lag am Ende des Schuljahres 2004/05 zwischen 6,9 Prozent in Nordrhein-Westfalen und 11,8 Prozent in Sachsen-Anhalt.

Demmer wies darauf hin, dass die Ankündigung Schavans ein Umdenken im „konservativen Lager“ deutlich mache. Bislang seien entsprechende Forderungen immer an der Auffassung gescheitert, dass eine große Zahl von Schulabbrüchen ein Zeichen für hohe Anforderungen des Schulsystems seien.

Für Demmer sei es „selbstverständlich“, dass das Ziel einer Halbierung der Schulabgänger ohne Abschluss nicht zu Qualitätseinbußen führen dürfe.

Deshalb forderte sie umfangreiche Unterstützungsmaßnahmen vor allem für Schüler/innen von Grund- und Hauptschulen. Die Zuweisung zu Sonderschulen für Lernbehinderte müsse deutlich verringert werden. Da erfolgloser Schulbesuch eine Vielzahl von Gründen haben könne, müsse die Palette der Maßnahmen sonder- und sozialpädagogische sowie schulpsychologische Unterstützung umfassen. Ganztagsschulen und Gesamtschulen könnten dabei einen wichtigen Beitrag leisten.

Info: Die Senkung der Schulabgänger ohne Abschluss gehört zu den 2001 vereinbarten Zielen im Zusammenhang des Lissabon-Prozesses der europäischen Union.

Im Bundesdurchschnitt blieben am Ende des Schuljahres 2004/05 nach Angaben des statistischen Bundesamtes insgesamt 76.000 Schüler/innen ohne Abschluss, was einem Anteil von 8,2 Prozent am Jahrgang entspricht. Bei den ausländischen Jugendlichen lag die Quote bei 17,5 und bei den deutschen bei 7,2 Prozent.

80 Prozent der Schulentlassenen ohne Hauptschulabschluss besuchen vorher eine Sonderschule für Lernbehinderte (38.700 Schüler/innen) oder eine Hauptschule (24.235 Schüler/innen).

Quelle und Kontaktadresse:
Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Ulf Roedde, Pressesprecher Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt am Main Telefon: (069) 78973-0, Telefax: (069) 78973-201

(bl)

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