Baukunst ist unteilbar Architektur nur eine Seite der Medaille
(Passau) Seit langem überfällig, und auch von den 2.000 Beratenden Ingenieuren im Freistaat Bayern herbeigesehnt, ist unter der rot-grünen Bundesregierung von Bauminister Reinhard Klimmt eine öffentliche Diskussion über die Baukunst ins Leben gerufen worden. Zum Bedauern der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau legt aber bereits der Titel der Initiative Architektur und Baukultur beredetes Zeugnis vom mangelnden Verständnis der Initiatoren ab - eine einseitige Verkürzung der Baukunst auf den Begriff der Architektur. Heimat - gebaute Umwelt -, die unmittelbar die Lebensqualität jedes einzelnen Bürgers prägt, ist nicht Summe, sondern Integral der im Bauteam von Ingenieuren und Architekten gemeinsam erbrachten Leistungen.
"Bauen ist nicht Aufgabenerfüllung, sondern schöpferischer Akt. Im Idealfall münden Bau-Werke in Bau-Kunst," stellte Präsident Prof. Karl Kling heute vor den Teilnehmern der Passauer Regionalkonferenz der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau fest. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarländern habe das Thema Baukunst in den vergangenen Jahren in Deutschland wenig Beachtung gefunden. Nicht im Zeichen des Wettbewerbs um baukulturelle Leistungen, sondern vor dem Hintergrund von "Billig-Diskussionen und ruinösen Preiswettläufen" vollziehe sich die faktische Diskussion aller am Bau Beteiligten Bauherren, Planer und Ausführende. Der Titel der Klimmt-Initiative signalisiere daher den Eindruck "kultivierter Oberflächlichkeit und Unverbindlichkeit." Tatsächlich reflektiere allein der Begriff der Baukunst im Spannungsfeld von Qualität, Innovation und Investition "die permanente Auseinandersetzung von gestalterischem Anspruch mit finanziellen Mitteln, Umweltverträglichkeit und Alltags- und Unterhaltstauglichkeit."
Bei Bauleistungen von jährlich 460 Milliarden Mark und zweieinhalb Millionen Beschäftigten sei ein leistungsfähiges Planungs- und Bauwesen "der Schlüssel für die nationale Infrastruktur und die Volkswirtschaft," so Kling. Trotz der sich auf den Planungsmärkten abzeichnenden Strukturprobleme belege Bayern im Bundesdurchschnitt unangefochten die Spitzenposition bei den Planungsaufträgen. Angesichts der Globalisierung der Märkte und der anstehenden Ost-Erweiterung der Europäischen Union rücke jedoch nicht nur das Auslandsgeschäft, sondern vor allem auch der wachsende Wettbewerbsdruck durch ausländische Mitbewerber ins Blickfeld.
Bestimmend für die Wettbewerbsfähigkeit bayerischer Beratender Ingenieure auf internationalen Märkten bleibe ihr Ausbildungsniveau. Kurzzeitstudiengänge, Stellen- und Sachmittelkürzungen an Universitäten und Fachhochschulen geben eine falsche Tendenz vor, so Kling. Da bereits heute in Indien und Tschechien erbrachte Ingenieurleistungen so z.B. Bewehrungspläne - auf bayerischen Baustellen zum Einsatz kämen, seien "in Deutschland erbrachte Standardleistungen künftig weder national noch international marktfähig." Parallel zu ihren Bemühungen zur Exportförderung von Ingenieurleistungen unterstütze die Bayerische Ingenieurekammer-Bau deshalb auch eine an der internationalen Nachfrage nach individuellen Spitzenleistungen orientierte Reform des Bauingenieurstudiums und der Studienbedingungen. Nur Expertenwissen und Spezialistentum bieten Zukunftsperspektiven für kommende Ingenieurgenerationen.
Quelle und Kontaktadresse:
Bayerische Ingenieurekammer Bau
Pressestelle: Dr. Jörg Meyer-Hesseln
Einsteinstr. 1-3
81675 München
Telefon: 089/41943422
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