Pressemitteilung | Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV)

DAV übt Kritik am Lieferkettengesetz: Zu unklar, zu weit, zu früh!

(Berlin) - Der Deutsche Anwaltverein (DAV) hält den Regierungsentwurf für ein Lieferkettengesetz in weiten Teilen für zu unbestimmt. Auch der Zeitpunkt für ein nationales Gesetz erscheint angesichts einer absehbaren EU-weiten Regelung fraglich - so sind Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen vorprogrammiert. Zuletzt fehlt es auch an einer Würdigung der besonderen Situation der Anwaltschaft in der Lieferkette.

"Der DAV stimmt dem erklärten Ziel des Entwurfs zu, dass deutsche Unternehmen in einer Verantwortung stehen, auch in den internationalen Lieferketten auf die Wahrung von Menschenrechten und Umweltschutzprinzipien zu achten", betont Rechtsanwalt Stefan von Raumer, Vorsitzender des Menschenrechtsausschusses. Im Hinblick auf die Unbestimmtheit und Fülle weitreichender bußgeldbewehrter Bestimmungen begegnet der Gesetzentwurf nach Auffassung des DAV jedoch verfassungsrechtlichen Bedenken.

"Bereits die Definition des Begriffs der Lieferkette ist so weit gezogen, dass sie dem Unternehmen im Grunde die Lieferkettenverantwortung für jegliche von ihm erworbenen Maschinen und Anlagen, sämtliche Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und alle von ihm bezogenen Leistungen auferlegt, bis hin zur Lieferkette der EDV-Anlage, der Büromaterialien und der Energielieferung", mahnt Rechtsanwalt Prof. Dr. Gerd Krieger, Vorsitzender des Ausschusses Handelsrecht. Hinzu kämen Verweise auf einen umfangreichen Katalog internationaler Abkommen. "Der Gesetzgeber sollte die ihm obliegende Konkretisierung völkerrechtlicher Konventionen nicht den Unternehmen aufbürden oder den mit der Durchsetzung befassten Stellen überlassen", meint Rechtsanwältin Dr. Birgit Spießhofer, Vorsitzende des Ausschusses Corporate Social Responsibility und Compliance. "Vielmehr sollte er selbst klarstellen, was von Unternehmen erwartet wird."

Mit dem Lieferkettengesetz sollte nach erklärtem politischen Willen keine Schadensersatzhaftung deutscher Unternehmen einhergehen. Der Entwurf schafft aber für die betroffenen Unternehmen unabsehbare Schadensersatzrisiken. Hier braucht es eine ausdrückliche Klarstellung im Gesetz. Falls nun doch eine Schadensersatzhaftung gewollt ist, wäre eine rein deutsche Regelung vor einer EU-weiten Lösung problematisch, da hier eine Wettbewerbsbenachteiligung deutscher Unternehmen entstünde, so der DAV.

Die besondere Betroffenheit der Anwaltschaft in der Lieferkette ist zudem in keiner Weise berücksichtigt. Weder Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte noch andere Berufsgeheimnisträger werden im Entwurf oder der Begründung erwähnt. Die besonderen Anforderungen, die sich aus der Stellung der Anwaltschaft als Organ der Rechtspflege einschließlich ihrer Verpflichtung zur Vertraulichkeit ergeben, werden nicht beachtet. Angesichts umfangreicher Kontrollmechanismen und Offenlegungspflichten entlang der Lieferkette braucht es aber eine Ausnahme für die Anwaltschaft - zumindest soweit der Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit, die Beratung von Mandanten und ihre Vertretung in Rechtsangelegenheiten betroffen ist.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher AnwaltVerein e.V. (DAV) Pressestelle Littenstr. 11, 10179 Berlin Telefon: (030) 7261520, Fax: (030) 726152190

(sf)

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