Pressemitteilung | Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU)

Entbürokratisierung für Sozialversicherungsträger auf Kosten der kleinen und mittleren Unternehmen / Neue Regeln für Sozialabgaben belasten den Mittelstand

(München) - Mit dem Ziel einer Entbürokratisierung hat der Gesetzgeber allen Unternehmen ins Pflichtenheft geschrieben, ab dem 01. Januar 2006 Meldungen und Beitragsnachweise an Krankenkassen und Sozialversicherungsträger nur noch per gesicherter und verschlüsselter Datenübertragung einzureichen. Das papierlose Verfahren soll zu einer Entlastung für Arbeitgeber und Krankenkassen beitragen und wird vor allem für die Sozialversicherungsträger erhebliche Kosteneinsparungen nach sich ziehen. Die Spitzenverbände der Krankenkassen, der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger, die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte sowie die Bundesagentur für Arbeit haben für die Erstattung der Meldungen zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung die „Gemeinsamen Grundsätze für die Datenerfassung und Datenübermittlung (DEÜV) zur Sozialversicherung“ aufgestellt.

So weit so gut - doch die Zeche wird auf die Unternehmen abgewälzt – und vor allem kleine und mittlere Unternehmen sind von dieser Regelung besonders betroffen. Der vorgeschriebene Weg, Meldungen via Email-Verfahren zu übertragen, verpflichtet die Unternehmen entsprechende kostenpflichtige Teilnehmerzertifikate bei der ITSG (Informationstechnische Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung GmbH – als gemeinsame Einrichtung der gesetzlichen Krankenkassen) zu erwerben (für 3 Jahre jeweils 60 Euro).

Vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen bringt das Procedere der Onlineübermittlung keine Vorteile – nur erhöhte Kosten. Die Nutznießer sind ausschließlich die Krankenkassen und Sozialversicherungsträger. Auch den kleinen Unternehmen angebotene Ausfüllhilfen – sv.net – bieten den Unternehmen keine Kostenvorteile. Unter dem Vorwand, dass den kleinen Unternehmen nicht zuzumuten ist, eine Software für die Entgeltabrechnung anzuschaffen, weil dies ggf. nicht wirtschaftlich ist, haben diese die (derzeit kostenlose) Möglichkeit, die zuvor manuell ermittelten Werte und Beträge als Meldung bzw. Beitragsnachweis online zu übermitteln.

Die Unternehmen sollen also künftig im Auftrag ohne Kostenerstattung den Part der Datenerfassung kostenfrei liefern, den Sozialversicherungsträgern die Daten auf dem Tablett servieren. Die kleinen und mittleren Unternehmen werden unter dem Schlagwort „Entbürokratisierung“ mit unzumutbarer Bürokratie und mit Kosten belastet.

In Deutschland gibt es 1,6 Mio Betriebe mit einer Belegschaftsgröße von 1-9 Mitarbeitern mit insgesamt ca. 4,8 Mio Beschäftigen, die besonders durch den Bürokratismus belastet werden.

Beitragsfälligkeit zum 01. Januar 2006
Bisher gilt im Regelfall, dass die Beiträge zur Sozialversicherung bis zum 15. des Folgemonats zur Zahlung fällig sind. Zum 01.01.2006 sind die Gesamtsozialversicherungsbeiträge in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig, in dem das Arbeitsentgelt erzielt wird. Ein verbleibender Restbeitrag wird zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats fällig. Gesundheitsministerin Schmidt erklärte hierzu u.a., dass die Rentenversicherung es sich nicht länger leisten könne, „den Arbeitgebern zwei Wochen zinslosen Kredit einzuräumen“.

Doch was bedeutet diese praxisfremde Regelung in der Wirklichkeit – Probleme, Bürokratiebelastung für Unternehmen – unvermeidbare Mehrfachberechnungen und Korrekturen – Unübersichtlichkeit und Prüfungsmehraufwand für Sozialversicherungsträger und die Unternehmen – Kostenbelastung für Unternehmen. In vielen Branchen stehen die exakten Lohnhöhen 3 Tage vor Monatsende noch nicht genau fest. Schätzungen führen regelmäßig zu Korrekturen und Mehrfachberechnungen – die Unübersichtlichkeit und der Prüfungsaufwand nehmen dadurch in erheblichem Maße zu. Für spezialisierte Abteilungen von Großbetrieben sind diese Problemstellungen nicht so drastisch wie für die kleinen und mittleren Unternehmen.

Die Sonderregelung in der Übergangszeit eröffnet die Möglichkeit die Beiträge für Januar 2006 – abweichend vom 27. Januar 2006 – in Höhe eines Sechstels der Beitragsschuld (zu jeweils gleichen Teilen) mit den Beiträgen für die Monate Februar bis Juli 2006 zu zahlen. Diese komplizierte Übergangsregelung und der Prüfungsmehraufwand für die Übergangsregelung allein sprechen deutliche Worte. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

Die Änderung des Fälligkeitszeitpunktes sorgt lediglich für eine kurzfristige Liquiditätsverbesserung der Sozialversicherungsträger. Was wir jedoch wirklich brauchen, ist eine Strukturreform im Sozialversicherungssystem und nicht aufwendigen Bürokratismus, der nur an einzelnen Symptomen ansetzt. Als Beispiel sei hier die Problematik der Frühverrentungen vor allem bei Behörden und Großunternehmen genannt. Zahlungen von über 30 Milliarden Euro pro Jahr – dies entspricht 4 Prozentpunkten der Rentenversicherung - belasten auch die kleinen und mittleren Unternehmen, denen es nicht zuzumuten ist, diese Kosten der Frühverrentungen mitzutragen.

Quelle und Kontaktadresse:
Union mittelständischer Unternehmen e.V. (UMU) Pressestelle Edelsbergstr. 8, 80686 München Telefon: (089) 570070, Telefax: (089) 57007260

(sk)

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