Meilenstein für Verbraucherrechte: Fernabsatzgesetz ab 30. Juni in Kraft / Trotz Schlappe bei Rücksendekosten - Längerer Widerruf auch für Haustürgeschäfte / Unseriöse Geschäftemacher werden endlich wirksamer bekämpft
(Bonn) - Als einen Meilenstein für mehr rechtlichen Verbraucherschutz beurteilt die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) das neue Fernabsatzgesetz, das am 30. Juni in Kraft tritt. Mit der Umsetzung der EU-Fernabsatzrichtlinie wird ein neues Kerngesetz des Verbraucherschutzes geschaffen. Zugleich ändern sich eine Vielzahl weiterer Regelungen zugunsten der Konsumenten, so die AgV.
Das Fernabsatzgesetz legt neue Rahmenbedingungen fest für den Einkauf "per Fernkommunikation", so die Gesetzesformulierung, also via Katalog, Brief, E-Mail oder Telefon. Demnach können Verbraucher während einer Frist von 14 Tagen Waren zurückgeben und erhalten den Kaufpreis zurück. Die Anbieter werden verpflichtet, Waren und Vertragsbedingungen transparent zu beschreiben, damit den Kunden böse Überraschungen erspart bleiben. Das Fernabsatzgesetz ist Teil eines Gesetzespaketes, mit dem ein erster wesentlicher Schritt unternommen wird, um das unübersichtliche und teilweise in sich unschlüssige Verbraucherrecht auf einem hohen Verbraucherschutzniveau zu vereinheitlichen. Damit entspricht die Bundesregierung einer wichtigen Forderung der Verbraucherverbände, lobt die AgV. Die 14-tägige Widerrufsfrist wird künftig auch bei Timesharing-Verträgen gelten (bisher 10 Tage). Ab dem 1. Oktober dieses Jahres gilt diese längere Frist dann auch bei Haustürgeschäften, Kaffeefahrten, Zeitschriftenabonnements und Verbraucherkrediten (bisher eine Woche).
Unseriöse Geschäftemacher werden es künftig schwerer haben: Wer einen Gewinn verspricht, muss dann sein Versprechen auch halten. Bislang sind angebliche Hauptgewinne, die sich später als Luftnummer erweisen, bei dubiosen Unternehmen ein beliebtes Mittel zum Kundenfang. Auch der Trick, Waren ohne Bestellung, aber mit beiliegender Rechnung zu verschicken, wird kaum noch ziehen. Denn der Gesetzentwurf stellt eindeutig klar, dass Verbraucher diese Waren weder aufbewahren noch bezahlen müssen. Außerdem wichtig: Das Gesetzespaket verbessert die Verbandsklagerechte der Verbraucherverbände, die damit unseriöse Geschäftspraktiken wirksamer bekämpfen können. Alles in allem bewertet die AgV das Gesetz als deutliche und durchgreifende Stärkung der Verbraucherrechte.
Bedauerlich ist aus Sicht der AgV allerdings, dass der Bundesrat auf Druck des Versandbuchhandels in letzter Minute die ursprünglich vorgesehenen Verbraucherrechte bei der Rückgabe von Waren geschmälert hat. Die Kosten der Rücksendung werden nun nicht in jedem Fall die Anbieter tragen müssen. Bei einem Warenwert von bis zu 40 Euro darf der Unternehmer die Kosten der Rücksendung dem Verbraucher auferlegen - es sei denn, die gelieferte Ware entspricht nicht der bestellten. Voraussetzung ist, dass die Kunden vor Vertragsabschluss deutlich darüber aufgeklärt werden, dass der Anbieter die Rücksendung nicht übernehmen will. Die AgV geht allerdings davon aus, dass diese für Kunden unfreundliche Regelung eher die Ausnahme bleiben wird. Schließlich übernehmen schon heute viele Anbieter die Rücksendekosten freiwillig und unabhängig vom Wert der bestellten Waren. Nicht nachvollziehbar bleibt, warum der Versandbuchhandel seine Bedenken nicht während des normalen Gesetzgebungsverfahrens, sondern erst in letzter Sekunde über den Bundesrat vorgebracht hat. Der Bundesrat hat daraufhin seine ursprüngliche Position um 180 Grad gedreht, seinen eigenen Vorschlägen vom Februar dieses Jahres widersprochen und sich die Interessen einer einzelnen Branche zu Eigen gemacht, ohne dass konkrete Länderinteressen zu erkennen wären.
Kritik an einer angeblich zu kundenfreundlichen deutschen Umsetzung der Brüsseler Vorgaben weist die AgV zurück. Es ist falsch, wenn Online-Händler behaupten, sie würden durch das neue Gesetz gegenüber dem konventionellen Handel benachteiligt. Im Gegenteil: Durch die einheitlichen Widerrufsfristen wird das Verbraucherrecht transparenter. Das bedeutet mehr Klarheit für Verbraucher und für die Anbieter. Die verbraucherfreundlichen Rahmenbedingungen werden dem Handel im Internet neue Impulse geben und die wirtschaftliche Entwicklung der Branche positiv beeinflussen, so die AgV.
Quelle und Kontaktadresse:
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände e.V. (AgV), Heilsbachstr. 20, 53123 Bonn