Pressemitteilung | Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth (IHK)

Tschechien auf der Überholspur / Im Nachbarland werden die Ost-West-Verbindungen konsequent ausgebaut

(Bayreuth) - Seit Jahrzehnten fordert die oberfränkische Wirtschaft eine Verbesserung der grenzüberschreitenden Straßen und Bahnlinien nach Tschechien. Während die Projekte auf deutscher Seite gestoppt oder bestenfalls auf Eis gelegt wurden, baut die tschechische Regierung die Verkehrswege in West-Böhmen Schritt für Schritt aus. Davon konnten sich die Mitglieder des Ausschusses Verkehr und Logistik sowie des Außenhandelsausschusses der IHK für Oberfranken Bayreuth bei einer Informationsfahrt ins böhmische Bäderdreieck überzeugen. "Man ist peinlich berührt, wenn man den Stillstand in Oberfranken sieht und auf der anderen Seite der Grenze die Baumaschinen rollen. Tschechien ist auf der Überholspur, Deutschland verharrt auf dem Standstreifen", so Michael Weber, Vorsitzender des IHK-Ausschusses Verkehr und Logistik.

Über Verkehrsprojekte wird in Deutschland meist jahrelang diskutiert, gestritten oder gar prozessiert. So wartet Oberfranken auch zwanzig Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf eine durchgreifende Ertüchtigung der Ost-West-Verbindungen nach Tschechien. Die Planungen für den Bau einer B 303neu zwischen der A 9 und der A 93 sind gestoppt. Realisierbar scheint derzeit allenfalls ein maßvoller Ausbau der bestehenden Bundesstraße. Zwei Jahrzehnte nach der Grenzöffnung soll nun zumindest die Strecke zwischen der Grenze bei Schirnding und der A 93 vierspurig ausgebaut werden. Keine Perspektive gibt es derzeit auch für den Ausbau der Schienenverbindungen nach Tschechien. Eine Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale von Nürnberg über Marktredwitz nach Hof bzw. zur tschechischen Grenze bei Eger ist nicht in Sicht. Auch die Ausbaumaßnahmen für den Flughafen Hof-Plauen, mit denen man eine Verlängerung der Landebahn erreichen wollte, wurden verworfen und auf einen Plan B reduziert.

Anders gehen die Nachbarn in der Tschechischen Republik vor. Dort wird nicht gekleckert, sondern geklotzt. Der Ausbau der Infrastruktur, zu großen Teilen mitfinanziert über die Strukturfonds der Europäischen Union, hat Priorität. "Es ist beeindruckend, mit welcher Energie die tschechischen Nachbarn den Ausbau ihrer Infrastruktur vorantreiben", ergänzt der Vorsitzende des IHK-Außenhandelsausschusses Bernd Assmann.

Beispiel Straße

Von Marktredwitz kommend nähert man sich der tschechischen Grenze nach wie vor auf der zweispurigen Bundesstraße. Der Bau der Ortsumgehung Schirnding ist beschlossen, aber noch nicht begonnen. Auf tschechischer Seite dagegen sind umfangreiche Baumaßnahmen im Zuge der Europastraße 6 zwischen Eger und Karlsbad im Gange. Bis spätestens 2013 soll die Straße durchgehend vierspurig ausgebaut sein. "Dann wird man von Prag über Karlsbad bequem bis zur Grenze nach Deutschland kommen, dort aber keine Anschlüsse vorfinden, sondern allenfalls Biologen, die nach seltenen Pflanzenarten suchen", so Weber.

Beispiel Schiene

Zwischen Deutschland und der Tschechischen Republik wurde 1995 ein Staatsvertrag geschlossen, mit dem der Lückenschluss bei der Elektrifizierung der Schienenverbindung Prag-Pilsen-Marktredwitz-Nürnberg bis 2016 vereinbart wurde. Die Tschechen handeln auch danach und halten den Vertrag ein. Während man in Deutschland streitet, ob es überhaupt einen ausreichenden Bedarf für den teuren Ausbau dieser Verbindung gibt, wird die Strecke von Pilsen zur Grenze bei Eger auf tschechischer Seite bis 2016 erneuert und elektrifiziert sein. Die tschechischen Nachbarn drängen auch auf eine Revitalisierung der Schienenverbindung Eger-Hof. Knackpunkt ist dabei der Lückenschluss zwischen Asch und Selb-Plößberg, der vom Bayerischen Wirtschaftsministerium lange kategorisch abgelehnt wurde. Inzwischen kann man sich die Reaktivierung auch in München vorstellen - unter Vorbehalten, denn eine Landesfinanzierung ist nicht möglich und alle Bundesmittel sind bis 2013 ausgeschöpft. Selbst bei einer 50 Prozentigen Förderung durch die EU fehlen rund 3,8 Mio. Euro. Zudem müsste ein Gutachten nachweisen, dass die Verbindung täglich von 1.000 Reisenden benutzt wird.

Beispiel Flughafen

Während man in Hof kleinere Brötchen backen muss und auf einen zukunftsfähigen Ausbau des Flughafens Hof-Plauen vorerst verzichtet, rüstet der Flughafen im benachbarten Karlsbad kräftig auf. "Die Start- und Landebahn in Karlsbad ist so beschaffen, dass die heute gängigen Flugzeugtypen wie der Airbus 320 und die Boeing 737 landen und abheben können", betont Geschäftsführer Václav Cerný. In diesem Jahr wurden die Ausbaumaßnahmen durch die Schaffung eines hochmodernen, futuristisch anmutenden Terminals abgeschlossen. Regelmäßige Linienflüge verbinden Karlsbad heute mit Moskau und Sankt Petersburg, Charterflüge gehen nach Antalya und Rhodos. Die Anbindung an ein westeuropäisches Luftdrehkreuz strebt man an. Frankfurt am Main oder München sind Wunschziele. Eine engere Kooperation mit Hof-Plauen hätte Cerný zwar gerne, nennt sie jedoch "nicht realisitisch". Doch zumindest einen gemeinsamen Werbeflyer hat man schon erstellt.

Quelle und Kontaktadresse:
Industrie- und Handelskammer für Oberfranken Bayreuth (IHK) Pressestelle Bahnhofstr. 23-27, 95444 Bayreuth Telefon: (0921) 886-0, Telefax: (0921) 886-9299

(el)

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