Pressemitteilung | Kommunaler Arbeitgeberverband Berlin (KAV Berlin)

Übertragung und Abgeltung von Urlaub bei Krankheit

(Berlin) - Als Konsequenz auf das Urteil des EuGH vom 20.01.2009 - C-350/06 und C-520/06 - hat das BAG seine jahrzehntelange Rechtsprechung zum Erlöschen des Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruchs bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder Übertragungszeitraums aufgegeben: Das BAG hat jetzt ent­schieden, dass in diesen Fällen der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs nicht erlischt.

Hierüber hatten wir Sie bereits informiert. Zur Auswertung der neuen Rechtsprechung zum Urlaubsrecht ist von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) eine Arbeitsgruppe gebildet worden, an der auch die VKA mitwirkt und 29 weitere Arbeitgeberverbände teilgenommen haben. Nach Angaben der VKA wird zurzeit ein Rundschreiben erarbeitet; voraussichtlich Mitte September ist mit dem Versand eines abgestimmten Rundschreibens zu rechnen.

Bis dahin fassen wir für Sie noch mal die derzeitigen Empfehlungen für die Praxis zusammen:

Neue Rechtsprechung gilt nur bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit

Die Entscheidungen des EuGH und des BAG betreffen ausschließlich Fälle, in denen der Urlaub wegen Krankheit nicht fristgerecht genommen werden konnte. Für andere Gründe, wegen derer Urlaub nicht genommen werden konnte, sind die Entscheidungen nicht heranzuziehen.

Gilt nur für gesetzliche Urlaubsansprüche

Die Entscheidungen betreffen nur den gesetzlichen Mindesturlaub von 20 Arbeitstagen im Kalenderjahr bei einer Fünftagewoche (§ 3 BUrlG).

Für den über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehenden tariflichen (Mehr-) Urlaub gilt zunächst weiterhin die bisherige Rechtsprechung des BAG.

Das BAG hat in der o.g. Entscheidung, der eine Kirchliche Arbeits- und Vergütungsordnung (KAVO) zugrunde liegt, ausgeführt, dass die Parteien des Einzel­arbeitsvertrages Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüche, die den gesetzlichen Mindestjahresurlaubsanspruch übersteigen, frei regeln können. Eine Differenzierung zwischen gesetzlichen und übergesetzlichen Urlaubs- und Urlaubsabgeltungs­ansprüchen und einen entsprechenden Regelungswillen der Parteien hat das BAG in diesem Fall bejaht.

Auch der TVöD unterscheidet zwischen tarifvertraglichen und gesetzlichen Urlaubsansprüchen. Nach den tariflichen Regelungen zum Erholungsurlaub in § 26 Abs. 1 TVöD bestimmt § 26 Abs. 2 TVöD im Eingangssatz, dass "im Übrigen" das Bundesurlaubsgesetz gilt, allerdings nur mit verschiedenen "Maßgaben". In § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD ist die Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr abweichend vom Gesetz bis längstens zum 31. Mai geregelt. Es spricht also vieles dafür, dass das BAG aufgrund der eigenständigen Regelungen zum Urlaub im TVöD den tarif­vertraglichen Mehrurlaub und seine Abgeltung als vom Gesetzesrecht abgekoppelt ansehen wird.

Der über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehende tarifvertragliche Mehrurlaub verfällt daher gemäß § 26 Abs. 2 Buchst. a TVöD spätestens am 31. Mai des Folgejahres, auch wenn er wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zu diesem Tag nicht angetreten werden konnte.

Entsprechendes gilt für den Anspruch auf Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs. Dieser erlischt, wenn nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Übertragungszeitraums am 31. Mai des Folgejahres der tarifliche Mehrurlaub aufgrund der Krankheit nicht genommen werden konnte.

Übertragung von Urlaubs- und Abgeltungsansprüchen

Die Entscheidung des BAG wurde zum Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis getroffen. Der EuGH hatte zuvor zum Anspruch auf Urlaub entschieden, dass der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nicht erlischt, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Bezugszeitraums und/oder Übertragungszeitraums oder eines Teils davon krankgeschrieben war und er deshalb seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nicht wahrnehmen konnte.

Die neue Rechtsprechung ist also nicht nur für Abgeltungsansprüche, sondern auch für die Gewährung von Urlaub nach Krankheit während des bestehenden Arbeitsverhältnisses anzuwenden. Konnte der Urlaub krankheitsbedingt nicht genommen werden, kann er auch noch nach Ablauf der Übertragungsfristen genommen werden.

Bei der Übertragung des Urlaubs wegen Krankheit im fortbestehenden Arbeitsverhältnis gibt es bislang keine Entscheidung zu der Frage, innerhalb welches Zeitraums nach der Genesung der wegen Krankheit nicht genommene Urlaub zu nehmen ist bzw. wie bei erneuter Krankheit zu verfahren ist.

Abgeltung nur bei beendetem Arbeitsverhältnis

Eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs in Geld kommt nur in Betracht, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Dies ergibt sich aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Demzufolge scheidet eine Abgeltung aus, wenn der Beschäftigte nach längerer Arbeitsunfähigkeit die Arbeit wieder aufnimmt.

Teilweise Urlaubsgewährung

Wurde bereits ein Teil des Urlaubs gewährt, kann dieser zunächst auf den gesetzlichen Mindesturlaub angerechnet werden. Ein verbleibender tariflicher Mehrurlaub kann damit weiterhin verfallen.

Verjährung bzw. Vertrauensschutz

Werden Urlaubsansprüche, die aus dem Jahr 2005 oder vorher stammen, geltend gemacht, sollte sich der Arbeitgeber grundsätzlich auf die Einrede der Verjährung gemäß § 195 BGB bzw. den vom BAG angenommenen Vertrauensschutz berufen. Urlaubsansprüche, die vor dem Jahr 2006 entstanden sind, sind nicht mehr zu gewähren oder abzugelten.

Quelle und Kontaktadresse:
Kommunaler Arbeitgeberverband Berlin (KAV Berlin) Pressestelle Goethestr. 85, 10623 Berlin Telefon: (030) 214581-11, Telefax: (030) 214581-18

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