Pressemitteilung |

Wie weiter nach dem Sturm im Wasserglas?

(Frankfurt am Main) - Die in ersten Auszügen veröffentlichte Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „Gesellschaft im Reformprozess“ hat in den letzten Tagen viel Staub in den Medien aufgewirbelt. Für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen e.V. (BAG-SHI) waren die Ergebnisse der Studie nichts Neues. „Wir wissen, mit welcher Zukunftsangst und Perspektivlosigkeit Erwerbslose und andere Arme leben“, so Anne Ames, Geschäftsführerin der BAG-SHI.

„Ich freue mich über jeden und jede, dem oder der es nach langer Erwerbslosigkeit gelingt, sich in ihrer Situation mit einem einigermaßen guten Lebensgefühl einzurichten, anstatt „Arbeitsmarktperspektiven“ hinterher zu jagen, die es für die Betroffenen derzeit nicht gibt. Das ist ein gesunder Realismus, der vor Verzweiflung schützt und den Betroffenen hilft, sinnvolle Alternativen zu leben. Aber es sind sehr wenige, denen das gelingt. Die meisten Menschen wünschen sich auch nach Jahren ohne Job nichts sehnlicher als eine Arbeit, von der sie und ihre Familien leben können.“

Heuchlerisch findet Hinrich Garms, Mitglied im Vorstand der BAG-SHI, dass diejenigen Parteien, die vor rund drei Jahren „Hartz IV“ verabschiedet hätten, sich nun über die Verarmung der Bevölkerung wunderten: „Solange ein eklatanter Mangel an existenzsichernden Arbeitsplätzen herrscht und solange es keine ausreichende Grundsicherung für den Fall der Erwerbslosigkeit oder kein allgemeines Grundeinkommen gibt, ist Armut die notwendige Folge der herrschenden Sozialpolitik. Mit einer Ausweitung des Niedriglohnsektors und Kombilöhnen wird dem Problem der Verarmung eines großen Teils der Bevölkerung nicht beizukommen sein.“

Die BAG-SHI befürchtet, dass nach dem medialen Sturm im Wasserglas, nach dem verbalen Entsetzen über Armut und „neue“ Unterschicht die Politik in Berlin zum business as usual zurückkehrt. Derzeit bereitet die Bundesregierung die „Neuordnung des Niedriglohnsektors“ vor. Im November oder spätestens Dezember will sie im Kabinett ihre Eckpunkte zu den Themen Mindestlohn, „Kombilohn“ und Einkommensfreibeträge für Bezieher/-innen von Arbeitslosengeld II festlegen.

Zumindest in einem Punkt scheinen sich die Unionsfraktionen und SPD-Sozialminister Müntefering bereits einig zu sein: Kleine Nebeneinkommen von Arbeitslosengeld II-Beziehern sollen vollständig auf die Sozialleistung angerechnet werden. Das Arbeitslosengeld II soll also komplett um diese Einkommensbeträge gekürzt werden. Auch die Pauschale für die Einkommensbereinigung soll drastisch gekürzt werden. Nach den Plänen der CDU/CSU von derzeit 100 auf 40 Euro. In zahlreichen Fällen würden damit also nicht einmal die Ausgaben berücksichtigt, die tatsächlich anfallen, damit der Nebenjob überhaupt ausgeübt werden kann.

„Damit hilft man den Betroffenen sicher nicht aus Zukunftsangst und Resignation, sondern verschlimmert beides“, sagt Ames.

Quelle und Kontaktadresse:
Bundesarbeitsgemeinschaft der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen e.V. Pressestelle Moselstr. 25, 60329 Frankfurt Telefon: (069) 27220896, Telefax: (069) 27220897

(sk)

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