Pressemitteilung | Deutscher Schwerhörigenbund e.V. (DSB)

100 Jahre Schwerhörigenbewegung in Deutschland

(Berlin) - Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. feiert im Rahmen eines Kongresses vom 31. Mai bis 03. Juni 2001 im Haus am Köllnischen Park unter der Schirmherrschaft von Wolfgang Thierse, Präsident des Deutschen Bundestages, sein 100jähriges Bestehen.

Vor genau 100 Jahren, am 26. Mai 1901 traf sich in Berlin eine Gruppe von schwerhörigen und ertaubten Menschen, um gemeinsam einen hörgeschädigten gerechten Gottesdienst zu feiern. Das war der Start der ersten Selbsthilfegruppe für schwerhörige und ertaubte Menschen in Deutschland.

Gegründet wurde diese Gruppe von Frau Margarete von Witzleben (1853 bis 1917), eine Frau, die als Selbstbetroffene den Mut hatte, an ihrer eigenen Situation und der Situation anderer Gleichbetroffener etwas ändern zu wollen, und eine nicht sichtbare Behinderung zu thematisieren. Sie ließ sich davon leiten, dass auch Menschen, die aufgrund ihrer Hörbehinderung in ihrer Kommunikationsfähigkeit eingeschränkt waren, Anspruch auf die Vermittlung von Gottes Wort hatten.

Sie selber hatte nach ihrer immer stärker werdenden Schwerhörigkeit Trost im christlichen Glauben gefunden. Besonders das Gleichnis von der Heilung des Taubstummen durch Jesus, als dieser sprach "Hephata"! (Tue dich auf) und der Taubstumme wieder hören konnte, gaben ihr die Kraft für ihr großes Engagement. Sie erwartete zwar keine Wunder leitete für sich jedoch die Verantwortung "für andere Schwerhörige zu leben" daraus ab. Daher auch der Name der Schwerhörigenbewegegung "Hephata". Sie half mit dieser Einstellung vielen Frauen, Männern und Kindern aus der Isolation heraus und setzte in einer Zeit, in der Krankheiten und Behinderungen als "gottgegeben" hingenommen wurden, ein Zeichen.

Diese erste Gruppe, die sich regelmäßig zu Gottesdiensten traf, wuchs zahlenmäßig schnell heran und schon bald kamen andere Aufgaben hinzu. Es wurden Sammlungen und Wohltätigkeitsbasare für hilfsbedürftige Schwerhörige und Ertaubte veranstaltet. Auch die Vermittlung von Arbeitsstellen gehörte zu den Aufgaben dieser Gruppe. Ebenso wurden Ferienfreizeiten -"Sommerfrische"- organisiert. Schon bald entstanden durch das Engagement von Margarete von Witzleben auch in anderen Städten Deutschlands Selbsthilfegruppen für Schwerhörige und Ertaubte.

Inspiriert von der deutschen "Hephata-Bewegeung" wurde in der Schweiz 1912 ebenfalls eine Selbsthilfegruppe unter dem Namen "Hephata" für Schwerhörige und Ertaubte gegründet. 1914 schlossen sich 6 Vereine und 20 Gemeinden in Deutschland zum "Hephata-Bund" zusammen. Als Margarete von Witzleben 1917 starb, hatte sich die Selbsthilfe der Schwerhörigen und Ertaubten in Deutschland fest etabliert.

Im dritten Reich wurden die Schwerhörigenvereine im nationalsozialistischen "Reichsbund der Deutschen Schwerhörigen" zusammengefasst und gleichgeschaltet. Nachdem die Alliierten den Reichsbund 1945 verboten hatten, wagten 1949 einige Schwerhörige und Ertaubte einen Neuanfang. Im April 1949 fand die Gründung des Deutschen Schwerhörigenbundes e.V. statt, dem heute viele Ortsvereine und Landesverbände angeschlossen sind.

In der heutigen Zeit sind die Aufgaben des Deutschen Schwerhörigenbundes (DSB) sehr vielfältig. Neben der eigentlichen ursprünglichen Selbsthilfe rückt immer mehr die politische Arbeit in den Vordergrund. Der DSB trägt dazu bei, dass die Belange und Forderungen der Schwerhörigen und Ertaubten z.B. im SGB IX sowie im Gleichstellungsgesetz berücksichtigt wurden und werden. Der DSB kämpft dafür, dass Schwerhörige und Ertaubte die gleichen Chancen am Arbeitsplatz bekommen wie gut Hörende. Der DSB versucht eine Hörgerätepolitik durchzusetzen, die allen Schwerhörigen gerecht wird. Der DSB fordert und plant spezielle Beratungsstellen für Schwerhörige und Ertaubte in allen größeren Städten Deutschlands.

Zum Kongress, der in der Zeit vom 31. Mai bis zum 03. Juni 2001 stattfindet, soll die vielfältige Arbeit des DSB in Veranstaltungen und Workshops vorgestellt werden.

Quelle und Kontaktadresse:
Deutscher Schwerhörigenbund e.V. Bundesverband der Schwerhörigen und Ertaubten Breite Str. 3 13187 Berlin Telefon: 030/47541114 Telefax: 030/47541116

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