Pressemitteilung | Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU)

NABU warnt vor Abbau von Umweltstandards bei Offshore-Windenergie

(Berlin) - Das Bundeskabinett will die nationale Umsetzung der europäischen Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (RED III) über eine Novelle des Windenergie-auf-See-Gesetzes (WindSeeG) beschließen. Dabei sollen die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und die artenschutzrechtliche Prüfung dauerhaft für Windenergieprojekte auf See entfallen. Dagegen spricht sich der NABU entschieden aus.

NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger: "Auf Drängen des Wirtschaftsministeriums ist die Bundesregierung in einen wahren Beschleunigungsrausch verfallen. Dabei kann Deutschland mit dem heute bestehenden Planungs- und Genehmigungsrecht seine Klimaziele auf dem Meer erreichen. Deutschland will mehr als RED III vorsieht, doch mit dem überzogenen Abbau von Umweltstandards wird sich kein Windrad früher drehen - aber wir verlieren die Meere als wichtige Verbündete in der Klimakrise. Zudem drohen der Branche Rechts- und Investitionsunsicherheiten."

Mit einem gemeinsamen Brief hatten sich Umweltverbände, darunter auch der NABU, und führende Offshore-Unternehmen an Wirtschaftsminister Habeck gewendet - leider ohne Erfolg. Auch der Umweltausschuss des Bundesrates kritisierte das Vorgehen der Bundesregierung. Bei einem parlamentarischen Abend des NABU stellten sich die Politikerinnen und -politiker von Grünen, SPD, FDP und CDU hinter das etablierte System mit umwelt- und artenschutzrechtlichen Prüfungen.

"Die Bundesregierung treibt uns mit ihren überhöhten Ausbauzielen der Windenergie auf See in ein riesiges Experiment. Was machen zehntausende Windräder auf engem Raum in der Nordsee mit dem Ökosystem? Wie verändern sich das Wind- und Strömungssystem, Nahrungsnetze und Lebensgemeinschaften? Ohne UVP können wir die Folgen nicht abschätzen. Wir merken so nicht, wann das System kippt. Das Agieren der Bundesregierung gleicht einer Geisterfahrt auf der Autobahn ", mahnt NABU-Meeresexperte Kim Detloff.

Der NABU appelliert darum an die Mitglieder des Deutschen Bundestags und des Bundesrates, den Abbau von Umweltstandards im Kabinettsentwurf abzulehnen. Die EU-Kommission lässt Mitgliedsstaaten die Wahl, ob sie RED III zum Erreichen ihrer Klimaziele brauchen und fordert gleichzeitig die Einhaltung europäischen Naturschutzrechts.

"Wir haben Zweifel, dass der eingeschlagene Weg einer europarechtlichen Überprüfung standhält. Die Bundesregierung muss mit dem Netzausbau, zugehörigen Lieferketten, der Digitalisierung von Verfahren und einer Personaloffensive für die Genehmigungsbehörden endlich die richtigen Beschleunigungshebel der Energiewende bedienen. Für die Meere heißt das, Entlastung vor Belastung, indem Schutzgebiete wirksam werden und Schifffahrt sowie Fischerei stärker reguliert werden", so Krüger.

Hintergrund

Das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) regelt den Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland. Es legt Genehmigungsverfahren fest, Ausbauziele und welche Umweltprüfungen notwendig sind. Bereits im Jahr 2022 wurde das WindSeeG als Teil des sogenannten Osterpakets novelliert. Darin wurde dem Klimaschutz ein Vorrang vor dem Meeresschutz eingeräumt, die Ausbauziele von 40 Gigawatt auf 70 Gigawatt erhöht und als Ausgleich eine Abgabe für den Meeresschutz und die Fischerei eingerichtet.
Um die europäische Erneuerbare-Energien-Richtlinie (Renewable Energy Directive, RED) aus dem letzten Jahr umzusetzen, wird das WindSeeG erneut novelliert. Ein Blick in den Referentenentwurf zeigt die überschießende Umsetzung auf der falschen Grundannahme, dass Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) den Offshore-Ausbau bremsen würden. Dabei zeigt der sogenannte Flächenentwicklungsplan (FEP), dass Deutschland seine Klimaziele auch ohne den weiteren Abbau von Natur- und Umweltstandrads erreichen könnte.

Quelle und Kontaktadresse:
Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU) Pressestelle Charitéstr. 3, 10117 Berlin Telefon: (030) 284 984-0, Fax: (030) 284 984 - 20 00

(mw)

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