Verbändereport AUSGABE 7 / 2013

Selber machen oder kaufen

Eine moderne Mandatsgeschäftsführung als strategischer Partner der Verbände

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Aufgaben- und Ressourcenverteilung sind bei vielen Verbänden und Organisationen ungerecht verteilt. Einer zum Teil unübersichtlichen und immer neuen Flut von Aufgaben, Projekten und Zielen stehen begrenzte Ressourcen gegenüber. Die Folge: Die Entwicklung und Potenziale des Verbandes können nicht ausgeschöpft werden, die Mitgliederinteressen verschwinden aus dem Fokus, wichtige Kernaufgaben werden vernachlässigt.

In vielen wirtschaftlich orientierten Unternehmen ist das Auslagern von Fachabteilungen, Serviceunits und wichtigen Geschäftsbereichen seit vielen Jahren völlig normal und gehört zu den Instrumenten der modernen Unternehmensführung. Als Begründung werden häufig Risikominimierung, Konzen-tration auf das Kerngeschäft, Ressourcenoptimierung, höhere Flexibilität oder schlicht Kosteneinsparungen genannt. Diese Gründe sind nachvollziehbar, wenn auch nicht immer im Sinne von Arbeitnehmern oder gesunder sozialer Strukturen, wie die lebhafte Diskussion um Mindestlöhne und Subunternehmen zeigt.  

Andererseits werden diese Unternehmen dadurch in die Lage versetzt, sich hochflexibel und mit großer Dynamik den Veränderungen im Umfeld und auf Seite ihrer Kunden anzupassen und sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren. Ein immenser Vorteil, der sicher zum Teil als Erklärung für die erstaunlich nachhaltige Wirtschaftskraft Deutschlands dienen kann.     

Alles das gilt grundsätzlich natürlich auch für Verbände und Non-Profit-Organisationen. Doch darüber hinaus geht es noch um etwas anderes! Verbände unterhalten schließlich keine strukturierten Vertriebsaktivitäten, produzieren keine Massenprodukte und betreiben keine Logistikzentren. Verbände sind jedoch gefordert, Mitglieder-
interessen stets aufs Neue zu erkennen, zu interpretieren und geeignete Wege zu finden, den Mitgliedern und möglichen weiteren Interessengruppen zu dienen – und das hochprofessionell! Darüber hinaus gilt es die Kernaufgaben und den ureigenen Sinn und die Philosophie des Verbandes nicht aus den Augen zu verlieren und die komplexen Ehrenamtsstrukturen zeitgemäß aufzustellen.

Es stellt sich die spannende Frage, ob die Abgabe von Verbandsaufgaben an externe Dienstleister – von der Administration bis zum strategischen Management ist alles möglich – ein Erfolgsmodell sein kann und Vorteile gegenüber Inhouse-Lösungen bietet. Ist Outsourcing für Verbände nur eine vorübergehende Modeerscheinung oder gar die einzige Möglichkeit, verbandliche Zukunft zu meistern und neu zu gestalten?

Outsourcing in Verbänden ist nicht neu – die „ausgegliederte GmbH“ ist ein Beispiel

Welcher Verband hat sie nicht? Die Wirtschafts GmbH, die Service GmbH oder das Bildungswerk! Tatsächlich besitzt die Mehrheit der Verbände solche Beteiligungen bzw. ausgelagerte Gesellschaften, deren Entstehung aber mit recht großer Sicherheit eines häufig nicht ist: das Ergebnis mitglieder- und marktorientierter oder gar strategischer Entscheidungen!

Vor allem die fiskalische Gefahr eines Entzuges der Gemeinnützigkeit lässt die Verbände schnellstens handeln, sobald ein gewisser Grad der wirtschaftlichen Betätigung erreicht ist. Darüber hinaus hat eine ausgelagerte Gesellschaft häufig den Charme, sich in einem Teilsegment ein wenig von den schwierigen und manchmal schwerfälligen Entscheidungsprozessen demokratischer Verbandsstrukturen zu lösen.    

Von einem Outsourcing unterscheidet sich die Service GmbH insbesondere dadurch, dass sie in Abhängigkeit des Verbandes agiert und trotz einer juristischen und steuerrechtlichen Eigenständigkeit weit entfernt ist von externen und in freiem Wettbewerb befindlichen Dienstleistern. 

Zwar gibt es mittlerweile eine Reihe von Verbänden, die sich umfängliche Leistungen im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrages, in dem exakt Dauer und Gegenstand der zu erbringenden Leistungen definiert werden, erbringen lassen. Aber auch hier ist oftmals eine recht enge und zum Teil weisungsgebundene  Abhängigkeit zu erkennen.

Worin liegen die Vorteile eines darüber hinausgehenden Outsourcings an unabhängige und professionelle Dienstleister? Eröffnet dies dem Verband wirklich völlig neue Perspektiven und Möglichkeiten? An dieser Stelle kommt der Begriff der Mandatsgeschäftsführung oder Association Management Company ins Spiel.  

Was bedeutet Mandatsgeschäftsführung?

Mandatsgeschäftsführung im traditionellen und umfassenden Sinne bedeutet die vollständige Übernahme aller Geschäftsführungsaufgaben durch einen externen Dienstleister. Eine Vorhaltung von Ressourcen und Infrastruktur seitens des Verbandes entfällt in diesem Falle nahezu vollständig. Umfang, Intensität und Qualität der Leistungen können in Abhängigkeit definierter Anforderungen und Möglichkeiten des Verbandes variieren. Über die administrativen und organisatorischen „Standards“ hinausgehende typische Leistungen sind unter anderen Presse- und Kommunikationsarbeit, Rechts- und Steuerrechtsberatung sowie verbandliche Interessenvertretung.

Grundsätzlich interessant ist die Dienstleistung „Mandatsgeschäftsführung“ für alle kleineren und mittelgroßen Verbände, häufig auch rein ehrenamtlich geführt, für die sich eine komplette Geschäftsstellenorganisation nicht einfach umsetzen lässt. 

Auch lassen sich Interimslösungen und ein vorübergehender Personal-Mehrbedarf sehr einfach über eine solche  flexible Lösung abfedern. Für viele Verbände liegt der Reiz gerade auch darin, sich einzelner Module bzw. anteiliger Personalressourcen bedienen zu können, ohne Vollzeitpersonal zusätzlich einstellen zu müssen. Von der Organisation der Mitgliederversammlung über die Mitgliederverwaltung und die Betreuung von Verbandsgremien kann alles zeitpunktgerecht und in dem benötigten Umfang abgerufen werden.

Spannend wird es, wenn man den Blick in die USA richtet und sich den dort seit Längerem bekannten Begriff „Association Management Company“ vor Augen führt. Hier geht es mehr als um die  Bewältigung verbandlicher Kernaufgaben, Administration und Dienstleistungen, sondern um eine begleitende und strategische Beratung der Verbandsführung, die grundsätzliche Begleitung bei der Durchführung dringend notwendiger struktureller Veränderungen sowie die Stärkung der Wertschöpfung der Verbände. Kurzum ein ganzheitlich orientiertes Verbandsmanagement!

Zu Recht könnte man an dieser Stelle einwerfen, dass es auch für Verbände kein Problem sei, spezielle Leistungen von z. B. Werbeagenturen, PR-Agenturen, Beratern oder anderen Dienstleistern einzukaufen. Das ist vom Grundsatz richtig, es sollten jedoch zwei Dinge dabei beachtet werden. Sollen unterschiedliche und umfangreiche Leistungen zugekauft werden, so müssen die einzelnen Leistungserbringer koordiniert und mit der Verbandstätigkeit und der -philosophie stets neu gebrieft werden, was einen nicht zu unterschätzenden Aufwand für jeweils beide Partner bedeutet.

Zum anderen kann mit großer Sicherheit gesagt werden, dass die Kosten aller „Einzelgewerke“ deutlich höher ausfallen werden als bei einem Partner, der in der Lage ist, das gesamte geforderte Leistungsspektrum abzudecken.  

Die moderne Mandatsgeschäftsführung als strategischer Partner der Verbände

Verwalten war gestern – gestalten ist heute – und der Trend ist unzweideutig. Viele Verbände leiden unter rückläufigen Mitgliederzahlen, hohem Wettbewerbsdruck, schrumpfenden Ressourcen und mangelnder Selbstreflexion. Es entstehen stetig weitere Arbeitsfelder und Themenbereiche, deren Bewältigung entscheidenden Anteil am Erfolg oder auch Misserfolg der Organisation hat: Neue Technologien und Medien richtig einordnen und gezielt einsetzen, den demografischen Wandel nutzen und Mehrgenerationen-Lösungen im Ehrenamt und einen kulturellen Zusammenschluss suchen, intelligente Netzwerke organisieren und das Finden von Lösungen über eingefahrene Ideologien stellen, Corporate Social Responsibility als ernsthaften Weg zur Authentizität einsetzen und sich in die Lage versetzen, gegen sich permanent verändernde Marktgegebenheiten
zubestehen.

Hier reicht eine ordentlich geführte Mitglieder- und Finanzverwaltung bei Weitem nicht mehr aus, um diesen Anforderungen gerecht zu werden und die Notwendigkeit für einen völlig neuen strategischen Ansatz zu erkennen. Genau hier setzt die Idee der „Association Management Company“ als administrativer, aber vor allem strategischer Begleiter von Verbänden an.

Abrufbares Expertenwissen, Flexibilität, höhere Wertschöpfung und Zukunftsgestaltung

Die moderne Mandatsgeschäftsführung ist in verschiedenen Formen und Intensitäten möglich. Zum einen können kleinere und auf rein ehrenamtliche Führung bauende Verbände ihre komplette Geschäftsstellentätigkeit auf diese Weise professionell durchführen lassen, hochflexibel und ohne das Risiko, personelle Ressourcen vorhalten zu müssen. Kaum ein Verband ist in der Lage, „en passant“ einen Juristen, einen Kommunikationsfachmann, einen Marketingexperten und weitere Fachkräfte einzustellen. Unter normalen Vorzeichen wäre es für jeden Entscheidungsträger oder jedes Gremium auch nicht ratsam und von der Satzung nicht abgedeckt, unabsehbare soziale und wirtschaftliche Risiken einzugehen. 

Verbände mit hauptamtlicher Führung und einer Geschäftsstelle können Teil-aufgaben delegieren und damit fehlende Ressourcen ergänzen. Die Größe der Verbände spielt dabei keine Rolle, da auch große Verbände durchaus Handlungsfelder besetzen müssen, für die zumindest zunächst keine eigenen Ressourcen im gewünschten Umfang vorhanden sind oder aufgebaut werden sollen. Die Möglichkeit, Ressourcen optimiert einzusetzen und sich mit anderen Verbänden quasi zu teilen, ist nicht zuletzt aus Budgetgründen gerade für Verbände ein hervorragendes strategisches Instrument. 

Einer der charmantesten Gründe für die Einbeziehung externer Expertise ist die Möglichkeit, in einem ständigen Prozess aus der Erfahrung von Fachleuten und Experten zu schöpfen, die in der Regel ein breites Wissensspektrum aus ihrer täglichen Arbeit und der Beratung mehrerer, häufig auch völlig unterschiedlicher Verbände mitbringen. Im Idealfall befindet man sich während der Zusammenarbeit in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess, da positive Erkenntnisse jederzeit in die Dienstleistung und in den beratenden Bereich  einfließen.

Neben der Flexibilität bei der Nutzung von Ressourcen – auch bei zusätzlichen Projektaufgaben – entsteht dadurch eine für Verbände recht hohe Dynamik. Eine gute Möglichkeit, das Wertschöpfungspotenzial des Verbandes auszubauen sowie langfristig einen höheren Organisationsgrad zu erreichen.      

Festlegung der zu erbringenden Leistungen und das Rüstzeug des Dienstleisters

Damit eine gute und dauerhafte Zusammenarbeit zustande kommt, benötigen alle Formen der externen Leistungserbringung eine klare Vertragsgrundlage mit allen Rechten und Pflichten. Ein Pflichtenheft regelt alle übertragenen Aufgaben möglichst detailliert und ist Grundlage der Vereinbarung.

Grundsätzlich kann ein Verband einzelne Leistungen oder Leistungspakete beauftragen oder auch die gesamte Bandbreite der Verbandsarbeit delegieren, sozusagen „all inclusive“.

Neben der Berücksichtigung aller wichtigen vertraglichen Modalitäten darf allerdings ein Faktor ebenfalls nicht unberücksichtigt bleiben. Die „Chemie“ der beteiligten Akteure untereinander sollte stimmen!

Der Dienstleister sollte Professionalität, langjährige Erfahrung im Verbandsmanagement, die nötige Infrastruktur sowie eine ausgeprägte Sensibilität für die besonderen Hauptamt-Ehrenamt-Strukturen von Verbänden mitbringen. Ein breites Netzwerk sollte ebenfalls vorhanden sein, um jederzeit flexibel auf Expertenwissen zurückgreifen zu können.

Die Frage nach dem Honorar

Neben sehr klaren Vorteilen in Bezug auf das Ressourcenmanagement, Flexibilität und den stets gewährleisteten Zugriff auf aktuelles Expertenwissen stellt sich die Frage nach den Kosten bzw. nach dem zu vereinbarenden Honorar. Hier sollte klar unterschieden werden zwischen eher administrativen Aufgaben und strategischer und konzeptioneller Beratungsleistung. Erstere werden in der Regel in Form von prozentualen Anteilen der Mitgliedsbeiträge oder als Fixum honoriert. Anhaltspunkt für die festzulegende Vergütung sollte immer der Vergleich mit den Kosten sein, die bei Durchführung mit eigenem Personal anfallen würden. Die Mandatsgeschäftsführung wird und muss dabei in der Regel erkennbar günstiger bei mindestens gleicher Qualität sein.

Eine andere Ausgangssituation findet sich bei allen Aufgabenstellungen der rein strategischen Beratung, der Konzeption und des Projektmanagements. Hierfür werden in der Regel Tagessätze zugrunde gelegt, die sich unterhalb der Beratungssätze der freien Wirtschaft bewegen. Allerdings sollten projekt- und auftragsbezogene Pauschalangebote die günstigste Vereinbarungsform und die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit sein.

Fazit

Die Abwicklung verbandlicher Aufgaben über eine Mandatsgeschäftsführung sollte für kleine bis mittelgroße Verbände immer eine überlegenswerte Option sein. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um die Übernahme von Projekten, Teilaufgaben oder der gesamten administrativen und strategischen Verbandsarbeit handelt. Eines ist in jedem Fall sicher: Für strategische und konzeptionelle Leistungen innerhalb wie außerhalb der Kernaufgaben des Verbandes werden Verbände zukünftig verstärkt externae Expertise einholen müssen, um sich im verschärften Wettbewerb und in dem sich immer schneller verändernden gesellschaftlichen Wertedenken behaupten zu können

Vorteile und Nutzen einer idealtypischen Mandatsgeschäftsführung

  • Jederzeit verfügbares Expertenwissen 
  • Hohe Flexibilität
  • Bedarfsgerechter und effizienter Einsatz erforderlicher Ressourcen
  • Kostensicherheit und -transparenz durch fest vereinbarte Honorare
  • Klar definierter Leistungskatalog = Pflichtenheft
  • Netzwerkorientiertes Handeln
  • Hohe Professionalität
  • Strategisches und operatives Handeln unter ganzheitlicher Betrachtung
  • Jederzeit Zugriff auf den Blick „von außen“

Aufgabenbereiche

  • Mitgliederverwaltung
  • Rechnungswesen / Finanzbuchhaltung
  • Personalverwaltung
  • Organisation (Anrufbereitschaft, Sekretariat, Mitgliederversammlungen etc.)
  • Bearbeitung aller juristischen Vorgänge
  • Kommunikation nach innen wie nach außen
  • Projektmanagement
  • Lobbying und Repräsentation
  • Strategische Aufgabenstellungen und Projekte wie z. B.
    • Entwicklung von Leitlinien/Compliance-Regeln
    • Entwicklung neuer Handlungsfelder
    • Markt- und Wettbewerbsscreening                   
    • Entwicklung einer Gesamtstrategie
    • etc. 

Festzulegende Ablaufprozesse

  • Abstimmungsroutine mit Geschäftsführung und Vorstand
  • Ansprechpartner im Tagesgeschäft
  • Behandlung gremienbezogener Fragestellungen

Grundlagen der Vereinbarung

  • Vertragsbeginn, Laufzeit und Kündigungsfristen
  • Ausführliches Pflichtenheft
  • Honorar und Abrechnungsmodalitäten
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Autor/in

Kirsten Becker

ist freiberufliche PR-Expertin und berät Unternehmen in allen Fragen der internen und externen Kommunikation. Sie war viele Jahre als Beraterin in PR-Agenturen tätig und Pressesprecherin eines DAX-Konzerns.

https://www.kirsten-becker.com/

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