VerbÀndereport AUSGABE 9 / 2013

Wirkungskontrolle? Von der Leistung zur Wirkung

Wirkungsmessung und wirkungsorientiertes Controlling in VerbÀnden

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VerbÀnde werden immer stÀrker gefordert, die Wirkung ihrer AktivitÀten darzulegen. Insbesondere in einem LeistungsauftragsverhÀltnis gilt es den Geldgeber transparent zu informieren, da der Rechenschaftsbericht hÀufig den nachfolgenden Leistungsauftrag legitimiert. Doch auch im Rahmen des internen Controllings ist es bedeutsam zu erkennen, welche Leistungen den Zielgruppen Nutzen bringen. Welchen Weg kann ein Verband einschlagen, um aufzuzeigen, dass sein Engagement die angestrebte Wirkung tatsÀchlich entfaltet?

Um die Frage nach der Wirkung bearbeiten zu können, lohnt es sich, sich den Kernauftrag von VerbĂ€nden wieder einmal zu vergegenwĂ€rtigen. VerbĂ€nde entstehen als ErgĂ€nzung zu Staat und marktgesteuerten Unternehmen, um BedĂŒrfnisse zu decken – entweder der eigenen Mitglieder oder fĂŒr Dritte. Diese BedĂŒrfnisse können ganz unterschiedlicher Natur sein. So vertritt beispielsweise ein Berufsverband die wirtschaftlichen Interessen seiner Mitglieder, wohingegen Sport- und Freizeitvereine die gesellschaftlichen oder kulturellen BedĂŒrfnisse ihrer Basis decken. Die Erbringung karitativer oder anderer unentgeltlicher UnterstĂŒtzungsleistungen im Sozial- und Gesundheitsbereich, welche Dritte fördern, ist das Anliegen von Hilfsorganisationen und Wohlfahrtsbetrieben. So unterschiedlich die BedĂŒrfnisse und die Bedarfsdeckung auch sind, gemeinsam ist immer, dass keine RentabilitĂ€tszielsetzungen damit verbunden sind. Die durch VerbĂ€nde erreichte „Wirkung“ hat demzufolge vielerlei Gestalt und deren Nachweis ist deshalb anspruchsvoll.

Wirkung im Sinne von Nutzen schaffen kann als VerĂ€nderung angesehen werden, die kausal durch eine Intervention evoziert wird. Der Verband versucht durch seine Leistungen eine VerĂ€nderung herbeizufĂŒhren, welche die BedĂŒrfnisse der LeistungsempfĂ€nger deckt. Oder mit anderen Worten wĂŒnscht sich die Zielgruppe einen Soll-Zustand, den der Verband durch seine Leistungen zu erreichen versucht. Wirkungsnachweis beginnt deshalb immer bei der Planung des Soll-Zustands.

Ziele – Maßnahmen – MessgrĂ¶ĂŸen

Planung beinhaltet die Festlegung der Ziele sowie der Maßnahmen zur Zielerreichung. Bei diesem Schritt ist es im Hinblick auf Wirkungsnachweis wertvoll, sich genau zu ĂŒberlegen, was genau verĂ€ndert werden soll. HĂ€ufig werden die Zielsetzungen allgemein gehalten, was fĂŒr das Wirkungscontrolling ungeeignet ist. So strebt beispielsweise ein Berufsverband an, dass die Berufsgruppe „bekannt“ ist. Je prĂ€ziser bereits hier die beabsichtigte VerĂ€nderung beschrieben wird, desto eher können geeignete Maßnahmen getroffen und Wirkung erzielt und nachgewiesen werden.

Auch bei der Wahl geeigneter Maßnahmen ist Sorgfalt geboten. Die kausale Verkettung und damit auch der Grund fĂŒr die Wahl einer Maßnahme gehen manchmal mit der Zeit verloren und so kann sie nicht mehr „wirken“. So trifft man immer wieder die Situation an, dass VerbĂ€nde beispielsweise Kommissionen pflegen, deren Auftrag nicht mehr definiert ist, oder die Mitarbeitenden erbringen Dienstleistungen ohne erkennbaren Zusammenhang mit den strategischen Zielen.

In vielen VerbĂ€nden ist es zudem ĂŒblich, im Planungsprozess MessgrĂ¶ĂŸen der Zielerreichung zu bestimmen. Auch hier empfiehlt es sich, gut zu ĂŒberlegen, woran man die angestrebte VerĂ€nderung wirklich festmachen und beobachten kann und will. Oftmals werden klassische Kennzahlen als MessgrĂ¶ĂŸen festgelegt. Damit wird jedoch der eingangs beschriebenen, vielfĂ€ltigen Gestalt der verbandsspezifischen Wirkungsziele nicht vollumfĂ€nglich Rechnung getragen. Eine ErgĂ€nzung um qualitative MessgrĂ¶ĂŸen wird deshalb empfohlen.

Output – Outcome – Impact

Wie werden nun geeignete qualitative MessgrĂ¶ĂŸen bestimmt? Bevor diese Frage beantwortet werden kann, ist auf die nĂŒtzliche Unterscheidung von Output, Outcome und Impact hinzuweisen. Diese Begriffe werden uneinheitlich benutzt, sodass im eigenen Verband zunĂ€chst geklĂ€rt werden muss, was darunter verstanden werden soll.

Hier ein Vorschlag:

Mit Output werden die erbrachten Leistungen bezeichnet. In der Praxis kann beobachtet werden, dass sich das Controlling und die Berichtlegung in erster Linie auf die Dokumentation der erbrachten Leistungen konzentrieren. Typischerweise wird in Jahresberichten beispielsweise die Anzahl durchgefĂŒhrter Veranstaltungen aufgefĂŒhrt und es werden klassische Kennzahlen wie beispielsweise die Anzahl freiwilliger Helfer berichtet. Die Berichtlegung beschrĂ€nkt sich auf den Output und ist im Kern ein Leistungsbericht. So nĂŒtzlich Leistungsberichte sind, haftet ihnen doch eine gewisse EindimensionalitĂ€t an. Die interessierte Leserschaft weiß zwar nach deren LektĂŒre, dass im Verband jede TĂ€tigkeit „zĂ€hlt“, aber was sie „bewirkt“, bleibt nach wie vor offen. Kurz gesagt: Outputberichte sind Leistungsberichte, d. h. Übersichten ĂŒber klassische Kennzahlen.

Die Wirkung jedoch zeigt sich im Outcome und Impact. Outcome bezeichnet dabei die durch die Leistungen ausgelösten Wirkungen bei den entsprechenden LeistungsempfĂ€ngern, d. h. die QualitĂ€t, mit welcher der Bedarf der Zielgruppe gedeckt werden konnte. So haben beispielsweise die freiwilligen Helfer ermöglicht, dass ein Sportanlass stattfinden konnte, den sich die Mitglieder im Sportverein schon lange wĂŒnschten. Oder die BroschĂŒren zu Berufshaftpflichtfragen haben die Mitglieder in einem Berufsverband ĂŒber ihre Pflichten orientiert, sodass jene geeignete Maßnahmen treffen können, um Rechtsstreitigkeiten zu minimieren. Mit Impact ist die lĂ€ngerfristige Wirkung gemeint, die in der Regel ĂŒber die eigentliche Anspruchsgruppe hinausgeht und sich in der gesamten Gesellschaft entfaltet. So steigert beispielsweise die regelmĂ€ĂŸig wiederkehrende Sportveranstaltung die Bekanntheit der Stadt, in welcher sie durchgefĂŒhrt wird, sodass mehr Touristen den Ort aufsuchen. Nicht alle VerbĂ€nde bezwecken VerĂ€nderungen auf Ebene der Gesellschaft, weswegen Outcome bei vielen ein legitimer Endzustand ist und im Folgenden die Bestimmung von Outcome-Indikatoren im Vordergrund steht.

Outcome-Indikatoren und Anspruchsgruppen

So klar man den Output nur beschreiben kann, wenn man sich des Verbandes und seinen klassischen Kennzahlen annimmt, so wird Outcome nur ersichtlich, wenn man sich den LeistungsempfÀngern zuwendet.

Dabei zeigt sich „Outcome“ einerseits als objektiv beobachtbare VerĂ€nderung bei der Zielgruppe. Andererseits Ă€ußern sich die LeistungsempfĂ€nger zur subjektiv erlebten Wirkung. Beides ist legitim. Deswegen kann der Begriff „Wirkungsmessung“ als leicht irrefĂŒhrend bezeichnet werden, denn Outcome ist nicht direkt messbar, sondern nur beobachtbar und/oder reflektierbar. Dabei sind die sozialwissenschaftlichen Methoden sehr nĂŒtzlich, da sie qualitative Informationen objektivierbar machen.

Die Bestimmung von Indikatoren auf Outcome-Ebene richtet sich demzufolge nach der Frage, woran beobachtet werden kann, dass die beabsichtigte Wirkung eingetreten ist, oder durch welche AuskĂŒnfte der LeistungsempfĂ€nger, die Wirkung plausibel wird. Setzt sich beispielsweise eine Organisation der Entwicklungshilfe zum Ziel, die Infektionskrankheiten in einer bestimmten Region zu dezimieren, und ergreift als Maßnahme den Bau von Brunnen, um sauberes Trinkwasser zu gewĂ€hrleisten, so ist als Output-Information zunĂ€chst die Anzahl sauberer Trinkwasserbrunnen relevant. Danach lĂ€sst sich als Outcome-Information der RĂŒckgang an Infektionskrankheiten beobachten. In vielen FĂ€llen sind jedoch beobachtbare Outcome-Indikatoren rar. Hier bietet es sich an, die LeistungsempfĂ€nger zu befragen. So befragt beispielsweise ein Verband, dessen Zweck die autonome AlltagsbewĂ€ltigung von sehbehinderten Menschen ist und der als Maßnahme Hilfsmittelabgaben einsetzt, die LeistungsempfĂ€nger nach dem Nutzen der Hilfsmittel bei der BewĂ€ltigung ihres Alltags. Solche Befragungen sind wertvoll und entfalten ihre Potenz v. a. dann, wenn sie ĂŒber die Zeit wiederholt werden und dabei die VerĂ€nderung festgehalten wird.

Wirkungscontrolling konkret

Damit Wirkungsmessung nicht nur als Rechenschaftsbericht gegen außen dient, sondern auch die interne Steuerung und QualitĂ€tssicherung anregt, ist es empfehlenswert, einerseits das Leistungsdenken durch eine Wirkungsorientierung abzulösen (Kulturwandel), andererseits die Outcome-Indikatoren schlank ins bestehende Controllingcockpit einzubauen.

Dabei gelingt der Kulturwandel durch die Einbindung der obersten FĂŒhrungsebene und durch die Verankerung der Wirkungsorientierung in Leitbildern und Konzepten. Die Umsetzung erfolgt dann einerseits bei der strategischen Planung, indem folgende Punkte beachtet werden:

  • Die Zieldefinitionen beschreiben möglichst genau die angestrebte VerĂ€nderung (Wirkung).
  • Die abgeleiteten Maßnahmen stehen möglichst in kausalem Zusammenhang mit den angestrebten Zielen (Kausalketten).
  • Die MessgrĂ¶ĂŸen der Zielerreichung beinhalten sowohl quantitative Kennzahlen (Output) als auch qualitative GrĂ¶ĂŸen (Outcome).

Andererseits wird der Controllingprozess um die wiederkehrende Erhebung der qualitativen Outcome-Indikatoren erweitert. Dabei lohnt es sich, ereignisbezogen und zeitgesteuert vorzugehen. Ereignisbezogen meint beispielsweise den Einsatz von Evaluationsbögen bei Bildungsangeboten. Diese dienen dazu, direkt nach dem „Ereignis“, hier der Bildungsveranstaltung, die Zufriedenheit der Teilnehmenden zu erfassen. Diese Techniken sollten durch sogenannt zeitgesteuerte, d. h. periodische Befragungen komplettiert werden, beispielsweise durch Mitgliederbefragungen oder Kundenzufriedenheitsanalysen, die in bestimmten Intervallen wiederholt werden. Werden diese Intervalle in geeigneter Weise an die Strategieplanung gekoppelt, dienen sie nicht nur als RĂŒckblick, sondern als Lern- und Steuerinformation.

Stolpersteine und Erfolgsfaktoren

Obwohl der Nutzen eines wirkungsorientierten Controllingsystems unbestritten ist, soll vor Stolpersteinen gewarnt werden.

Messungswahn

Der Aufwand fĂŒr die Wirkungsmessung sollte in einem vernĂŒnftigen VerhĂ€ltnis zum Aufwand fĂŒr die Wirkungserzielung stehen. Als Faustregel empfiehlt sich, immer nur so viele Informationen zu erheben, wie auch wirklich „bearbeitet“ werden können. Datenfriedhöfe, die nicht aufbereitet und nicht in die Verbandskommunikation und -steuerung Einzug halten, dienen niemandem.

BĂŒrokratie

In dynamischen VerbĂ€nden entstehen AktivitĂ€ten und Projekte auch außerhalb der Planung. Diese Eigendynamik soll durch eine WirkungsmessungsbĂŒrokratie auf keinen Fall unterbunden werden. Auch hier gilt es abzuwĂ€gen, wie viel „unkontrollierte“ Eigendynamik sinnvoll ist und wo nach systematischem Wirkungscontrolling gefragt werden soll.

Überanpassung

Teilweise wird beobachtet, dass nach einer gewissen Zeit die Planung nach der Messbarkeit ausgerichtet wird. So werden beispielsweise nur noch Bildungsangebote organisiert, die gut abschneiden, obwohl der Verband ein Wissensdefizit bei seinen Mitgliedern in einem – leider unbeliebten, aber wichtigen – Bereich ortet. Besonders gefördert wird diese Fehlentwicklung, wenn an die Erreichung von Wirkungszielen Leistungszulagen gekoppelt sind.

WiderstĂ€nde bei der EinfĂŒhrung

Mitarbeitende und FĂŒhrungskrĂ€fte Ă€ußern teilweise WiderstĂ€nde gegenĂŒber der EinfĂŒhrung von Wirkungsmessung. Dies ist auch verstĂ€ndlich, denn ihre Arbeit soll kĂŒnftig neu beurteilt werden. Um diesen WiderstĂ€nden zu begegnen, empfiehlt es sich, insbesondere die mittlere Leitungsebene in die Bestimmung der Outcome-Indikatoren einzubeziehen. Denn wer will nicht selbst bestimmen, wofĂŒr er spĂ€ter geradestehen soll?

Der wichtigste Erfolgsfaktor ist die sorgsame Interpretation der Wirkungsresultate. Es gilt in einem gemeinsamen Prozess plausible Hypothesen zu entwickeln, welche die Resultate erklĂ€ren. Dabei darf nicht vergessen gehen, dass manchmal auch das Verhindern von unerwĂŒnschter VerĂ€nderung „Wirkung“ darstellt. Wirkungsmessung bezweckt schlussendlich nicht nur den Nachweis von Wirkung, sondern die Reflexion der eigenen TĂ€tigkeit und die Steuerung kĂŒnftiger Leistungsangebote.               

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