AgV gegen Pläne zur Verschlüsselung bislang frei empfangbarer Programme
(Bonn) - Wenn auch nicht von den Hörern und Zuschauern verlangt: Die Digitalisierung des Rundfunks wird kommen. Sowohl beim Satelliten- als auch beim Kabelrundfunk hat die Digitalisierung längst Fuß gefasst. Nach dem Willen von Bund und Ländern soll der Umstieg spätestens bis zum Jahr 2010 in Deutschland abgeschlossen sein. Bis dahin müssen mehr als 50 Millionen Fernseher und rund 78 Millionen Radioempfänger in deutschen Haushalten ausgewechselt oder mit Zusatzgeräten für den digitalen Empfang nachgerüstet werden. Dazu werden die Verbraucher nur dann bereit sein, wenn ein funktionierender Wettbewerb für kundenfreundliche Angebote auf dem digitalen Markt sorgt, so die Einschätzung der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) in Bonn.
Monopolartige Marktstrukturen, wie sie derzeit beim Pay-TV herrschen, dürfen nicht in die Zukunft fortgeschrieben werden. Künftig muss es sowohl unter Programmanbietern als auch unter Netzbetreibern mehr Wettbewerb geben, fordert die AgV. Vor allem muss verhindert werden, dass in Zukunft einige wenige Anbieter die technischen und ökonomischen Bedingungen für den Zugang zu Fernseh- und Radioprogrammen diktieren.
Ebenso darf es nicht dazu kommen, dass die Konsumenten durch immer wieder neue technische Standards dazu gezwungen werden, sich alle Jahre neue Fernseher oder Radios anzuschaffen. Die AgV plädiert daher für zukunftssichere und einheitliche technische Standards, die für die Satelliten-, Kabel- und terrestrische Übertragung benötigt werden.
Sämtliche digitalen TV-Angebote sollten mit einem einzigen Gerät empfangen werden können. Dies setzt einen so genannten "Universalempfänger" mit einer einheitlichen technischen Schnittstelle voraus, bei dem insbesondere unterschiedlichen Verschlüsselungssysteme für Pay-TV zum Einsatz kommen können. Nur so wird verhindert, dass Verbraucher durch den Kauf eines Empfangsgerätes gleichzeitig an einen bestimmten Programmanbieter gebunden sind. Das Gleiche gilt für die beim digitalen Fernsehen erforderlichen elektronischen Programmführer. Auch dort sollte es keine technischen Lösungen geben, mit denen der Zugang zu konkurrierenden Angeboten erschwert oder gar unmöglich gemacht wird.
Eine Verschlüsselung bisher frei empfangbarer TV-Programme, wie sie von der Deutschen Telekom bzw. ihrer Kabeltochter beabsichtigt wird, lehnen die Verbraucherverbände ab. Die Telekom will sich durch eine so genannte Grundverschlüsselung angeblich gegen Schwarzseher absichern. Für die Konsumenten hieße das, dass sie für den digitalen Fernsehempfang immer auch eine Smart-Card der Telekom brauchen, um ihr TV-Gerät freizuschalten. Die AgV befürchtet, dass auf diese Weise neue Kundenabhängigkeiten geschaffen werden sollen und der Wettbewerb behindert wird.
Entscheidend für die Akzeptanz der neuen Technik durch Zuhörer und Zuschauer werden ausreichend lange Übergangsphasen sein. Ein harter Umstieg sollte möglichst vermieden werden. Wo dies nicht machbar ist, müssen wirtschaftliche Härten für die Nutzer ausgeglichen werden, fordert die AgV. Denkbar wären zum Beispiel reduzierte Rundfunkgebühren oder verbilligte Empfangsgeräte für sozial schlechter gestellte Haushalte.
Von Anfang an muss eine ausreichende Anzahl attraktiver digitaler terrestrischer Hörfunk- und TV-Programme angeboten werden. Die AgV geht von mindestens 12 TV-Programmen landesweit aus, die ergänzt werden durch begleitende Informationsdienste. Gegenüber der heutigen Technik sollte die Digitalisierung zudem Bedienungs- und Empfangsvorteile bieten. Dazu könnte zum Beispiel der so genannte portable Empfang von TV-Programmen gehören. Damit würde der Standort des Fernsehers zumindest im Haus oder in der Wohnung ähnlich variabel wie heute bei Radios und müsste sich nicht mehr nach Kabel- oder Antennenbuchsen richten.
Unabdingbar ist eine frühzeitige Information der Nutzer über Zeitpunkt und Bedingungen des Umstieg in ihrem Sendegebiet. Dazu müssen die Rundfunk- und Mediendiensteanbieter, Netzbetreiber, Handel, Handwerk und die Geräteindustrie ein abgestimmtes, in seinen Aussagen klares und vor allem für alle Akteure verbindliches Informationskonzept erarbeiten. An den Kernelementen dieses Konzeptes wollen die Verbraucherverbände mitwirken.
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AGV